Zum Mut, auch einfach mal „Nein“ zu sagen

1 ½ Jahre nach meiner Schwangerschaft, in der ich mich über eine verunsichernde Schangerschaftsvorsorge ärgerte, bin ich immer noch kein großer Fan des Alles-Kontrollieren-Müssens. Und nun kommt noch hinzu: Selbst bei der Geburt möchte ich eigentlich lieber meine Ruhe und keine Ärzte, die mir reinquatschen! Ist das leichtsinnig oder gerechtfertigt?

Es gibt immer sinnvollere und weniger sinnvolle medizinische Interventionen, so viel ist klar. Wer zum Beispiel an die Wirkung homöopathischer Globuli glaubt, hat sicher Recht, wenn er sie einnimmt. Wer, so wie ich, davon nicht allzu viel hält, sollte sein Geld vielleicht besser für anderen Schabernack ausgeben. Sinnvoll war es in jedem Fall, dass andere, extrem hilfsbereite und nette Menschen, unsere Freunde und meine Familie, meinem Mann beim Umzug halfen, als ich im 7. Schwangerschaftsmonat mit vorzeitigen Wehen im Krankenhaus lag.

Da mögen auch die Ermahnungen der Ärzte sinnvoll gewesen sein, ich solle doch lieber nicht mehr zweimal die Woche Schwimmen gehen und Yoga im Lotussitz sei auch nicht so prima wenn das Kind schon mit seinem Dickschädel in Lauerstellung liegt. Okay, Okay, ich habe es eingesehen und mich wochenlang auf dem Sofa gelangweilt, während meine Freundin unsere Regale mit Büchern bestückte. Kapitulieren musste ich auch bei meinen Eisenwerten. Obgleich ich mit einem wahnsinnig guten Wert in die Schwangerschaft gestartet war, hatte mein Riesenbaby wohl einen größeren Eisenbedarf als ich selbst – da blieb nichts mehr für mich übrig. Machte nichts, auch Eisen gibt es pflanzlich – und im Gegensatz zu Zuckerkügelchen wirkt der Pflanzensaft auch, wenn man nicht dran glaubt.

Nervige Arztbesuche

Merkwürdig kam mir dagegen von Anfang an die dauernde CTG-Kontrolle bei den zu Beginn etwa monatlichen, später gefühlt wöchentlichen Arztbesuchen vor. Mein Baby hasste das CTG-Gerät, trat, wenn es wach war, wütend dagegen und wurde umso wütender, wenn es geschlafen hatte und ich es dem Willen der Arzthelferin nach extra zum CTG-Schreiben aufweckte. Viel entspannter war dagegen die Vorsorge im Hebammenzentrum. Hier wurde ich wenigstens auch selbst gefragt, wie es meinem Baby ginge. Und verrückt, aber das konnte ich durchaus beantworten! Ich merkte doch selbst, ob es viel schlief, wie es lag oder zu welchen Uhrzeiten es am aktivsten war.

Gegen Ende der Schwangerschaft durfte ich dann gefühlt wöchentlich zur Muttermundkontrolle rennen. Meine Befunde waren immer super, die Ärztin prophezeite mir eine leichte und bald bevorstehende Geburt. Aber haben mir diese Kontrollen etwas genutzt? Selbst mit so einem „tollen Befund“ wie ihn manche Frauen erst unter der Geburt haben, dauerte es bei mir noch Wochen bis das Baby endlich raus wollte. Mich haben diese Untersuchungen höchstens ungeduldig gemacht und auch ein bisschen verunsichert: Warum wollte mein Baby einfach nicht geboren werden, obwohl alles danach aussah?

Zuversicht dank Hebammenvorsorge

Zum Glück konnten meine Hebammen mich immer wieder beruhigen. Und so konnte ich am errechneten Geburtstermin, an dem das Baby natürlich nicht geboren wurde, seelenruhig mit dem Mann ins Kino gehen und sogar noch andere Kinobesucher als homophob beschimpfen, die den Film unflätig kommentierten, in dem es um einen homosexuellen Showmaster ging. Das war für alle ein großer Spaß und meine Ungeduld wurde gemildert. Fünf Tage später kam mein kleiner Junge dann mit Unterstützung von zwei Hebammen in nur vier Stunden bei uns zu Hause zur Welt.

Die Hausgeburt war nicht geplant, es ging einfach alles so schnell, aber sie war sicher das Beste, was uns passieren konnte. Ich durfte mich bewegen, wie ich wollte, niemand quälte mich mit Langzeit-CTG-Kontrollen oder machte mich verrückt, weil die Presswehen länger als die im Krankenhaus üblicherweise akzeptierten 30 bis 60 Minuten dauerten. Obwohl mein Kind sehr groß und sehr schwer war, war die Geburt schnell und schön und ohne Komplikationen. Ich habe den, nach Erfahrungsberichten meiner Hebamme und anderer Frauen vermutlich berechtigten Verdacht, dass die Geburt meines Sohnes im Krankenhaus nicht derart schön und natürlich verlaufen wäre.

Wie wäre die Geburt im Krankenhaus abgelaufen?

Vermutlich hätte man mir dort schon vorab zu einem Kaiserschnitt geraten, schließlich bin ich doch ein schlankes Persönchen und wie soll da bitteschön ein Fast-5-kg-Baby raus passen? Drei Stunden Presswehen sind auch viel zu viel, da müssen wir dem Baby doch mal etwas auf die Sprünge helfen – eine Saugglockengeburt wäre da doch eine Überlegung wert! Und die Plazenta will sich selbst nach 45 Minuten nicht blicken lassen? Da müssen wir aber langsam mal ein Wehenmittel spritzen! So oder so ähnlich hätte die Geburt meines Sohnes in einer Klinik ablaufen können.

Stattdessen kniete ich mehr oder weniger vergnügt vor der heimischen Wohnzimmercouch und ließ meinem Körper und meinem Baby einfach die Zeit, die beide brauchten. Letztlich war diese Geburt einfach ein schönes und harmonisches, wenn natürlich durchaus auch schmerzhaftes und vor allem anstrengendes Erlebnis. Das erstaunlichste war aber sicherlich diese Kraft, die ich in meinem Körper gespürt habe und die ich vorher gar nicht zu besitzen geglaubt habe.

Entspannt und selbstbestimmt in die Geburt gehen

Natürlich habe ich sicher Glück gehabt mit der schnellen und komplikationslosen Geburt meines Hübis und die vorzeitigen Wehen, die mir zunächst Sorgen bereitet hatten, haben am Ende dafür gesorgt, dass es leichter und schneller ging. Sicher gibt es auch Geburten, die mit Komplikationen verlaufen und hätten meine Hebammen während der Hausgeburt irgendeinen Anlass gehabt, ein Risiko zu vermuten, wäre ich die Erste gewesen, die „Krankenhaus!“ geschrien hätte. Trotzdem würde ich aus meiner Erfahrung und auch aus den Berichten anderer Mütter heraus jeder Frau zu mehr Entspanntheit und Selbstbestimmtheit in Schwangerschaft und Geburt raten.

Bei meiner nächsten Schwangerschaft werde ich wohl nur noch die drei Arzttermine wahrnehmen, bei denen ein Ultraschall gemacht wird und nur noch einige Male ein CTG schreiben lassen. Ansonsten werde ich mich von einer Hebamme betreuen lassen – sofern es die dann noch gibt. In jedem Fall werde ich das nächste Mal mutig genug sein, auch mal deutlich „Nein, danke“ zu sagen, wenn mir eine Untersuchung in Absprache mit meiner erfahrenen Hebamme überflüssig erscheint. Schließlich bin ich auch schwanger und während der Geburt meines Kindes immer noch ein selbstständig denkender Mensch. Und der ist nicht bereit, sich von Ärzten oder Ratgebern irgendwelche Risiken einreden zu lassen, die mitunter gar nicht existieren.

Denn am schönsten ist es, mit Zuversicht und Eigenverantwortung in eine Geburt zu gehen – und mit etwas Glück am nächsten Tag mit dem neuen Baby auf dem sonnigen Balkon des eigenen Zuhause zu sitzen!

2 Kommentare zu „Zum Mut, auch einfach mal „Nein“ zu sagen

  1. Doreen

    ein schöner artikel.
    mein 2. junge, auch ein fast 5 kilo baby kam ganz ähnlich schnell oder langsam wie man es sehen will zur welt – zum glück hatte ich vorher keine ahnung zu den (aus)maßen des kleinen großen mannes 😉

    • Danke dir! 🙂 Ich hatte zum Glück auch einen tollen Arzt, der mein Baby beim letzten Kontrolltermin 4 Tage nach Termin gar nicht mehr vermessen hat. Guckte sich nur die Plazenta an, sagte „alles super“ und schickte mich wieder nach Hause. Und das war wirklich gut so!

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