#Vereinbarkeitsgeschichten: Der Altersunterschied killt unsere Gleichberechtigung!

Diese Woche war ich einfach mal irrational. Das ist nichts neues für mich, ich bin das gerne mal. Aber diese Woche war ich es in einer besonderen Form. Ich war nämlich wütend auf den Mann, weil er gute sechs Jahre älter ist als ich. Natürlich kann er da nichts für. Eher noch ich selbst, schließlich habe ich ihn mir ausgesucht. Aber diese Woche fand ich es einfach besonders ungerecht, dass der Mann dadurch sechs Jahre Vorsprung hat. Sechs Jahre, in denen er sich im Beruf hocharbeiten konnte. Sechs Jahre, die machen, dass Vereinbarkeit für uns heißt: Ich Teilzeit, er Vollzeit.

Eigentlich ist es komisch, dass wir alle so selten über diesen Aspekt sprechen. Ich zumindest kann mich nicht dran erinnern, dass eine meiner Freundinnen mal gesagt hätte: „Verdammt, ich bin jünger als mein Mann und deswegen habe ich schlechtere Karten“. Dabei ist der Altersunterschied bei Paaren mithin ein ziemlich bedeutender Faktor, wenn es um die Frage geht: Wer arbeitet nach der Geburt eines Kindes wie viel? Denn in den meisten Fällen entscheidet sich diese Frage auf dem Papier. Wer verdient wie viel? Was brauchen wir zum Leben? Wann lohnt sich Arbeit überhaupt?

Und oft ist es dann einfach so: Das meist bessere Gehalt des Mannes wird weiterhin benötigt, während es weniger weh tut, wenn das ohnehin eher kleine Gehalt der Frau ganz oder teilweise wegfällt. Das kann daran liegen, dass Frauen in ihren „typischen Frauenberufen“ einfach schlechter bezahlt werden (was auch ungerecht ist). Es liegt aber oft tatsächlich auch daran, dass Frauen jünger als ihre Männer sind und deswegen schlicht weniger Zeit hatten, sich (gehaltsklassenmäßig) hochzuarbeiten.

Unter Akademikern kommt das Geld mit der Zeit

Gerade in meinem Umfeld wird dieser Punkt wohl irgendwann besonders deutlich zuschlagen. Unter meinen Freunden mit akademischer Ausbildung liegen die Gehälter von Männern und Frauen eng beieinander. Ohne Frage gibt es die „Gender Pay Gap“, aber gerade zu Beginn der Karrieren fällt sie vermutlich (noch) nicht so sehr ins Gewicht. Was aber deutlich ins Gewicht fällt, sind fehlende Jahre auf der Karriereleiter. Und genau darüber ärgere ich mich momentan. Und der Mann ärgert sich mit.

Diese Woche haben wir nämlich mal wieder über unser Familienmodell gesprochen. Ich war genervt, weil ich mich zwischen Arbeit, Kind und Haushalt abhetze: Eine Kita, die um 14 Uhr schließt, viele berufliche Aufträge (was an sich toll ist), ein Kleinkind in Autonomiephase und mein nicht existierendes Hausfrauen-Gen bilden im Moment eine besonders explosive Mischung. Der Mann war indes genervt, weil ich genervt war und weil er eigentlich gerne mehr von den Aufgaben übernehmen würde, die ich derzeit stemmen muss, was aber nicht geht, weil er ja seine „40 Stunden plus“ pro Woche arbeitet.

Ein Traum: 30 Stunden/Woche. Beide.

Schnell landeten wir wieder bei unserem Wunschmodell: Nur zu gerne würden wir beide 30 Stunden pro Woche arbeiten. 6 Stunden Arbeit pro Tag und danach noch viel Zeit für Familie und alles, was sonst noch zu tun ist. Das wäre unser persönlicher Traum. Dummerweise verdiene ich momentan aber noch zu wenig, als dass dieses Modell drin wäre. Ein geringeres Gehalt des Mannes würde für uns aktuell einfach eine zu große Lücke auf dem Bankkonto hinterlassen.

Ach, wäre ich doch nur etwas älter, denke ich also. Hätte ich doch nur einige Jahre länger gearbeitet, würde ich doch nur etwas mehr verdienen. Natürlich ist das Ganze total irrational. Es ist schon ziemlich blöd, sich über einen Altersunterschied zu ärgern. Denn was wäre denn eine Alternative gewesen? Wäre es nicht sogar noch viel blöder, wenn ich einen gleichaltrigen Mann hätte, der vielleicht genauso wenig verdienen würde wie ich? Dann ginge es uns unterm Strich ja finanziell sogar schlechter. Oder hätte ich des lieben Geldes wegen erst später ein Kind kriegen sollen? Aber das wäre ja nicht mein Wunsch gewesen!

Ich will Familienarbeitszeitmodelle!

Wenn ich mal etwas rationaler über meine irrationalen Gedanken nachdenke, komme ich aber zu einem wichtigen Punkt: Vielleicht ist unsere Verärgerung  auch einfach mal wieder ein Grund, der Politik mit dem Zaunpfahl zu winken, auf dem „Familienarbeitszeit“ steht. Wenn die Einbußen im Gehalt des Mannes teilweise ausgeglichen würden – wir würden vermutlich nicht lange fackeln. Der Mann würde Arbeitszeit reduzieren und ich könnte in der Folge etwas mehr arbeiten. Denn als Freiberuflerin hätte ich dann mehr Entlastung durch den Mann und könnte mehr Zeit dazu nutzen, die sechs Jahre aufzuholen, die der Mann mir voraus ist.

Irgendwie müssen wir doch mal davon wegkommen, dass immer nur der Blick auf den Lohnzettel entscheidet, wer Zuhause bleibt und wer ins Büro geht! Ganz egal ob das schlechtere Gehalt der Frau nun von zu wenig Berufserfahrung, einem „typischen Frauenberuf“ oder ganz anderen Gründen herrührt. Es muss doch möglich sein, eine politische Lösung dafür zu finden!

4 Kommentare zu „#Vereinbarkeitsgeschichten: Der Altersunterschied killt unsere Gleichberechtigung!

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  2. Seana

    Danke. Mein Mann und ich sind in etwa gleichalt – allerdings sind wir beide etwas Umwege gegangen was Schule/Ausbildung/Arbeit angeht. Und trotzdem ist es so, obwohl ich länger im Beruf stehe, dass er mehr verdient. Zu mal ich vorher in einem anderen Bundesland gewohnt habe, ehe wir aus der langjährigen Fernbeziehung eine Nahbeziehung machen konnten. Nach meinem Umzug zu ihm verdiene ich brutto etwa 700 € weniger, habe weniger Urlaub und eine höhere Wochenarbeitszeit. Und wie das jetzt nach der Elternzeit weitegeht, da basteln wir gerade dran.

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  4. Caltara

    Ich kann dich trösten, bei uns sieht es nicht anders aus, obwohl mein Mann und ich fast gleich alt sind. Er ist Mitte diesen Jahres aber erst ins Berufsleben eingestiegen, durch ein paar Umwege während des Studiums, während ich schon im 5. Berufsjahr stehe. Als Berufsanfänger konnte er es sich einfach nicht erlauben, bei der Stellensuche Teilzeit zu fordern, wodurch ich, obwohl ich mehr verdiene, nach der Elternzeit in Teilzeit gehen musste. Für die Zukunft hoffen wir auch auf beide etwa 30 h reduzieren zu können, wenn vielleicht irgendwann Kind Nr. 2 kommt.

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