Schmerzfrei Stillen Teil 2: Den Milcheinschuss lindern

Ein Baby zu stillen ist das natürlichste der Welt? Gut möglich, nur leider liegt es uns trotzdem nicht im Blut. Stillen will gelernt sein und hat meiner Erfahrung nach auch viel mit Gewöhnung zu tun. Für die allermeisten Frauen ist es leider normal, dass das Stillen am Anfang auch erst mal weh tut. Aber es gibt eine Menge Dinge, die man tun kann, um sich und dem Baby den Start zu erleichtern!

Ich stille aktuell mein drittes Baby und habe so einige Dinge durch, die ich lieber nicht durchgehabt hätte… Aber in allem liegt ja was Gutes: Was ich gelernt habe, kann ich immerhin weitergeben. Vielleicht macht es es dir den Start damit etwas leichter. In diesem Text soll es um den Milcheinschuss gehen, also um die Zeit in den ersten Tagen nach der Geburt. Auch bei mir war diese Phase nämlich jedes Mal die schmerzhafteste und anstrengendste.

Beim ersten Kind wusste ich noch gar nicht, was da auf mich zukommt. Völlig schockiert saß ich wenige Tage nach der Geburt plötzlich mit melonengroßen und knallpengharten Brüsten da. Aua, das waren Schmerzen! Der Milcheinschuss killt mich immer völlig – leider war das auch bei Kind 2 und 3 nicht anders. Laut meiner Hebamme geht es etwa der Hälfte aller Mütter so, dass der Milcheinschuss nicht wirklich angenehm ist.

Bei diesen Frauen schwillt zum Stillstart das Brustdrüsengewebe unverhältnismäßig stark an. Das macht die Brüste groß, hart und schmerzhaft. In schlimmen Fällen kann auch Fieber und ein grippeähnliches Gefühl hinzukommen. Dann sollte man besonders aufmerksam sein und versuchen, die Symptome des Milcheinschusses gut in den Griff zu bekommen, damit nicht direkt ein Milchstau oder eine Brustentzündung entstehen.

Hier sind ein paar Dinge, die mir geholfen haben, um den Milcheinschuss halbwegs schadlos zu überstehen:

Wärmen und Kühlen im Wechsel

Mein Problem ist am Anfang immer folgendes: Meine Brüste sind zwar knallvoll, wollen die Milch aber gar nicht so leicht freigeben. Hinzu kommt, dass der kleine Babymund die großen und harten Brüste nur schwer zu packen kriegt. Diese Situation ist für mich echt jedes Mal zum Verzweifeln.

Was mir dann immer gut hilft: Die Milch schon vor dem Anlegen des Babys zum Fließen bringen. Das macht es fürs Baby leichter und tut auch den Brüsten gut. Am besten klappt das Anwärmen bei mir mit feuchter Wärme, also nass-warmen Waschlappen oder Mulltüchern. Ich spare dabei die empfindlichen Brustwarzen aus und wickel mir das Tuch für einige Minuten einmal um die Brust. Dann lege ich das Baby an und lasse es ausgiebig trinken.

Nach dem Stillen kühle ich die Brust dann wieder runter, um die erneute Milchproduktion zu hemmen. Dazu nehme ich am liebsten Kohlblätter aus dem Kühlschrank (s. Tipp weiter unten). Man kann aber auch ein Kühlpack aus dem Eisfach nehmen – dann aber bitte gut mit Stoff umwickeln, damit es keine Erfrierungen gibt! Wichtig ist auch: Immer nur kurz runterkühlen. Denn wenn die Brüste zu kalt werden, feuern sie wieder dagegen und produzieren erst recht wieder Wärme und werden in der Folge noch härter und schmerzhafter.

Kohlwickel

So blöd es klingt und so sehr es stinkt: Weißkohl eignet sich super, um schmerzhafte Brüste sanft zu kühlen. Außerdem stecken im Kohl wohl entzündungshemmende Substanzen, die über die kühlende Eigenschaft hinaus lindernd auf gereiztes Brustgewebe wirken können. Der Kohlkopf sollte im Kühlschrank gelagert werden, damit er auch schön kalt ist. Bitte nicht ins Eisfach legen, dann wäre er zu kalt um auf bloßer Haut angewendet zu werden.

Am besten bereitest du den Kohl so vor: Nimm einzelne Blätter ab, schneide den harten Strunk großzügig raus und rolle mit einem Nudelholz oder einer Flasche mehrmals kräftig über das Blatt. Das bricht die Strukturen auf und lässt den Saft austreten. Dann legst du die Kohlblätter einfach auf deine Brust, empfindliche Brustwarzen wie immer am besten aussparen. Wenn du ein Bustier trägst, kannst du die Kohlblätter einfach darin fixieren und den Kohl so lange drauf lassen bis er schön weich gekocht ist und ordentlich anfängt zu stinken. Gut lüften nicht vergessen! 😉

Für mich ist der Kohl die einfachste Art des Kühlens und Beruhigens schmerzhafter Brüste. Es gibt keine Sauerei und es macht nicht viel Arbeit. Man muss nur mit dem Geruch klarkommen. Auf jeden Fall hatte ich immer das Gefühl, dass es hilft.

Quarkwickel

Eine Alternative zum Kohl ist der Quark. Ich nutze immer Magerquark, habe aber irgendwo mal gelesen, dass man besser die Vollfettstufe nehmen sollte. Das ist aber vielleicht eher Glaubenssache. 😉 Quark aus dem Kühlschrank kühlt schön und soll auch entzündungshemmend wirken. Früher habe ich das schon mal bei Sonnenbrand genutzt. Naja, die Zeiten ändern sich. Jetzt dann eben für die Brüste.

Ich nutze Quark vor allem bei örtlichen Reizungen, z.B. bei einem Milchstau an nur einer bestimmten Stelle der Brust. Auch bei meiner Brustentzündung habe ich mit dem Quark gezielt die entzündete Region gekühlt. Dafür nehme ich einfach eine größere konventionelle Stilleinlage, mache zwei Esslöffel Quark drauf und lege mir diese auf die Brust. Bustier drüber und gut ist’s. Der Quark soll so lange drauf bleiben, bis er angetrocknet ist, weil dann die entzündungshemmenden Inhaltsstoffe gut wirken können.

Außerdem wichtig: Der Quark sollte nicht mit der Brustwarze in Berührung kommen oder vor dem nächsten Stillen mit Wasser und Seife ordentlich abgewaschen werden. Babys reagieren nämlich oft empfindlich auf Kuhmilch.

Retterspitz

Was auch gut helfen soll, ist Retterspitz Essenz aus der Apotheke. Das scharf riechende Zeug wirkt entzündungshemmend und mit kaltem Wasser verdünnt kühlt es auch geschwollene oder entzündete Brüste. Zur Verdünnung liest man unterschiedliche Angaben, ich habe etwa 1:5 mit Wasser verdünnt, ein Mulltuch darin getränkt und das ganze auf die Brust gelegt.

Nachteil: Manche Babys finden den Geruch so fies, dass sie danach nicht mehr gerne aus der Brust trinken wollen, trotz Abwaschens mit Wasser und Seife war das bei mir der Fall. Ich habe deswegen lieber wieder mit Kohl gekühlt, da war mein Baby nicht so fies vor.

Anlegen, anlegen, anlegen?

Was am besten hilft: Wenn das Baby so viel Milch trinkt, dass die Brüste sich danach weicher und angenehmer anfühlen. Deswegen raten Hebammen meist dazu, das Baby möglichst oft anzulegen und möglichst oft zu stillen. Das Problem ist ja aber, dass ein Neugeborenes einfach noch keine großen Mengen trinken kann und auch einfach noch viel Schlaf braucht. Ein schläfriges Baby anzulegen, hat bei mir nur dazu geführt, dass das Baby mir einmal schön den Milchspendereflex ausgelöst hat, um dann direkt wieder wegzunickern. Dadurch wurden meine Brüste also noch voller, der Druck wurde noch unangenehmer.

Besser für mich war es, das Baby gut schlafen und dann ein waches Baby so lange trinken zu lassen, bis die Brust zumindest etwas weicher wurde. In der Phase, in der meine Brüste in der totalen Überproduktion waren, habe ich die andere Brust dann laufen lassen oder mit der elektrischen Milchpumpe abgepumpt (s. Tipps unten).

Ausstreichen oder laufen lassen

Dazu raten Hebammen gerne: Überschüssige Milch sanft ausstreichen. Ich fühle mich davon immer ziemlich veräppelt, denn ganz im Ernst: Das klappt bei mir einfach nicht! Will mir keine Hebamme der Welt glauben, ist aber so. Auch drei Babys später noch. Die Milch läuft bei mir nämlich erst, wenn der Milchspendereflex ausgelöst wird. Und das schafft nur das Baby (oder die Medela Symphony Milchpumpe vom Milchpumpenverleih).

Wenn deine Brüste nicht ganz so stur sind, kannst du das Ausstreichen am besten nach vorherigem Anwärmen oder unter der warmen Dusche versuchen. Es gibt dazu unterschiedliche Techniken. Frag deine Hebamme/Stillberaterin dazu oder google einfach mal drauf los.

Wenn das Ausstreichen so gar nicht klappen will, deine Brüste aber viel zu voll für den Milchbedarf deines Babys sind, habe ich noch eine andere Methode, die bei mir gut klappt: Wenn mein Baby an der einen Brust trinkt, befreie ich auch die andere von Bustier und Stilleinlage, platziere ein Mulltuch darunter und lasse einfach laufen. Sobald das Baby den Milchspendereflex an der einen Brust auslöst, fängt meist auch die andere Brust an zu tropfen. Mit einem warmen Waschlappen kann ich das noch beschleunigen und auch sanftes Streichen hilft dann, um möglichst viel Milch loszuwerden.

Abpumpen

Alle Hebammen lesen jetzt mal weg, denn hier kommt eine unpopular opinion: Wenn gar nichts mehr geht, dann ruft eure Frauenärztin an und lasst euch ein Rezept für eine elektrische Milchpumpe ausstellen! Ich muss ehrlich sagen, dass ich etwas frustriert bin, dass ich diese Möglichkeit nicht schon eher genutzt habe. Ich habe immer den Hebammen vertraut, die nicht müde werden, das Abpumpen zu verteufeln.

Ja, ich verstehe den grundsätzlichen Sinn dahinter, denn beim Stillen geht es ja darum, dass Brüste und Baby sich aufeinander abstimmen und dass die Brüste lernen, ihre Produktion an den Bedarf des Babys anzupassen. Bei mir und vielen anderen Frauen funktioniert das am Anfang aber leider so gar nicht.

Durch den Infekt meines dritten Babys habe ich diesmal ganz real festgestellt, dass meine Brüste in den ersten Wochen sogar das doppelt- bis dreifache an Milchmenge produzieren, die mein Baby überhaupt trinken kann. Weil das erst eine Woche alte Käferchen zu schwach zum aus der Brust trinken war, habe ich in der Klinik und einige Zeit danach abgepumpt und mit der Flasche gefüttert. Dabei habe ich ca. alle drei Stunden an die 200 ml abgepumpt – davon getrunken hat das Baby aber nur zwischen 60 und 80 ml. Das Abpumpen war eine reine Erleichterung für meine Brüste und unser Gefrierfach ist nun auch gut gefüllt mit Notfallmilch für die Flasche.

Für mich ist die Pumpe also eine super Option, wenn die Brüste wirklich sehr stark in die Überproduktion gehen. Wichtig fand ich: Immer nur so lange pumpen, wie auch Milch kommt. Die Brüste sollen nur angenehm weich werden und nicht weiter zur Milchproduktion angeregt werden. Außerdem war es für mich wichtig, eine gute elektrische Pumpe zu haben . Mit einer Handpumpe kriege ich den Milchspendereflex einfach nicht ausgelöst und dann kommt auch keine Milch, trotz voller Brüste.

Übrigens: In vielen Städten gibt es spezielle Milchpumpenverleihe, die hochwertige elektrische Pumpen (Medela Symphony!) auf Rezept rausgeben. Diese sind oft besser als die Pumpen, die man über Apotheken bekommt.

Scheue dich nicht, diese Option zu nutzen, auch wenn deine Hebamme dir vielleicht was anderes erzählt. Die Pumpe wird euch die Stillbeziehung sicher nicht versauen, solange dein Baby immer noch Vorrang an der Brust hat. Erst trinkt das Baby sich satt – und was es nicht geschafft hat, erledigt die Pumpe. Bei mir hatte sich nach gut drei Wochen soweit alles reguliert, dass ich wieder ganz auf die Pumpe verzichten konnte.

Brüste nicht einengen

Ein simpler, aber wichtiger Tipp: Quetsch deine übergroßen Brüste nicht in zu enge Still-BHs oder Bustiers. Ich passe während des Milcheinschusses in überhaupt keins meiner Bustiers rein und habe mich deshalb folgendermaßen beholfen: Es gibt diese Netzhöschen, die man nach der Geburt in der Klinik bekommt, um die riesigen Vorlagen darin unterzubringen. Falls du wie ich Zuhause geboren hast, kannst du deine Hebamme nach diesen Höschen fragen.

Wenn du das Netz unten einmal durchschneidest, erhältst du einen Schlauch, den du prima um deine Brüste legen kannst. Bei mir saß das Netz eng genug, um Stilleinlagen und Kohlwickel an Ort und Stelle zu halten. Es engt aber eben überhaupt nicht ein.

Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe

Zum Schluss kommt der wahrscheinlich wichtigste Tipp. Denn alles Wärmen, Kühlen, Wickeln und Pumpen hilft nichts, wenn du dich total stresst oder schon wieder viel zu aktiv im Alltag mitmischst. Bitte gönn dir nach der Geburt ein Wochenbett, das diesen Namen auch verdient!

Die alte Hebammenweisheit besagt: Eine Woche im Bett, eine Woche am Bett und eine Woche ums Bett. Heißt: Mindestens drei Wochen schön Zuhause bleiben, sich die Ruhe antun, den Haushalt den Partner oder die Partnerin erledigen lassen und bloß nicht zu viel Besuch empfangen. Brüste reagieren leider arg auf Stress und so mancher Milchstau oder so manche Mastitis hätten wohl durch mehr Ruhe vermieden werden können.

Wenn der Milcheinschuss ohnehin schon stark und schmerzhaft ist, ist Ruhe umso wichtiger. Also ab ins Bett mit dir und deinem Babys, schön kuscheln, regelmäßig stillen und die erste Zeit trotz schmerzender Brüste so gut es geht genießen. Und übrigens: Heulen, schreien und jammern sind sehr erlaubt! Es kann einfach sauschmerzhaft sein. Du bist eine Heldin, ehrlich wahr!

Disclaimer: Dieser Text beruht auf meiner persönlichen Stillerfahrung mit mittlerweile drei Kindern. Ich bin keine Hebamme und habe keinen medizinischen Background. Anhaltende Probleme solltest du immer mit Expertinnen besprechen. Die beste Unterstützung beim Stillen bietet dir deine Hebamme oder eine ausgebildete Stillberaterin (zu finden z.B. unter www.lalecheliga.de). 

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