#RegrettingBloggerhood – oder: Wie viel Öffentlichkeit ist OK?

Vor kurzem sagte eine Freundin zu mir: „Ich finde das schon ziemlich mutig, wie viel Persönliches du in deinem Blog preisgibst“. Das war nett gemeint und nicht als Vorwurf, gab mir aber trotzdem zu denken. Denn eigentlich zähle ich mich noch zu den vorsichtigen Bloggern – zu denen, die ihr Kind gut schützen und sich gut überlegen, welche Details aus dem echten Leben sie erzählen. Aber stimmt das wirklich?

Diese Frage ist wohl eine, die sich die meisten Blogger*innen irgendwann stellen. Und gerade unter Familienbloggern ist es natürlich besonders heikel: Denn ich erzähle hier nicht nur von mir, sondern eben auch von meinem Kind. Bloggerin Noch ne Muddi fragt in einem Aufruf zur Blogparade:

„Wie sieht es bei euch aus? Bereut ihr manchmal Texte oder generell die Tatsache, dass ihr bloggt? Habt ihr Zweifel? Wie geht euer Umfeld damit um? Werdet ihr häufig angefeindet? Wolltet ihr schon mal das Handtuch werfen?“

Und wenn ich diese Fragen allein für mich beantworten sollte, dann könnte ich sagen: Nö, nö und nochmals nö. Aber ich kann nun mal nicht nur für mich selbst sprechen, sondern muss immer auch an die Rechte meines Kindes denken. Und da wird es dann manchmal schwierig.

Ein Blog ist ein subjektives Medium und lebt davon, dass die Autoren*innen Geschichten erzählen, die möglichst nah am Leben der Leser*innen dran sind. Deswegen lesen wir Blogs ja auch so gerne: Es geht hier (zumindest in den meisten Fällen) eben nicht um Hochglanz-Leben, wir finden hier keine glattgebügelte Werbung oder ausgedachten Geschichten. Das hier ist real! Und um ganz ehrlich zu sein: Mit dem Lesen von Blogs befriedigen wir oft auch ein bisschen unsere voyeuristischen Bedürfnisse. Der Erfolg vom „Wochenende in Bildern“ oder „12 von 12“ zeigt das wohl ziemlich deutlich.

Mit einem Blog entsteht eine Gemeinschaft

Auch ich bin mit der Zeit deutlich offener geworden, als ich es mir am Anfang vorgenommen hatte. Und das fiel mir gar nicht schwer. Denn durch die Kommentare und vor allem durch den Austausch in Social Media entsteht schnell eine richtige Gemeinschaft. Dieses Community-Gefühl macht es mir leicht, auch persönlichere Dinge zu erzählen.

Außerdem – und das sag ich jetzt nicht um euch zu bauchpinseln, weil es nämlich wirklich stimmt! – habe ich einfach wahnsinnig nette Leser*innen. Auf meiner Facebook-Seite und hier im Blog ist der Ton eigentlich immer nett! Und deswegen traue ich mich, auch über polarisierende Themen zu schreiben oder sie über Social Media zu teilen.

Die Nähe ist manchmal trügerisch

Aber diese Nähe zu meinen Leser*innen ist natürlich oft trügerisch, das wird mir schon dann klar, wenn ich meine Klickzahlen anschaue. Manche Artikel wurden von vielen tausend Lesern geklickt. Dass davon bestimmt nicht alle toll fanden, was sie da lasen, ist wohl mehr als sicher. Und trotzdem verleitet die Nähe zu meinen Leserinnen mich dazu, privater zu werden als ich es mir am Anfang vorgenommen hatte.

Ist das nun also schlimm? Das kommt natürlich immer auf die Themen an und darauf, wie man an sie herangeht. Denn wie oben gesagt: Mein Sohn ist von meinen Artikeln immer direkt mitbetroffen. Und deswegen werdet ihr hier niemals zu private Dinge lesen, die ihn betreffen. In anderen Blogs las ich schon von operierten Vorhautverengungen, vom ersten Liebeskummer des Teenager-Kindes oder von Schulproblemen in der Grundschule.

Das sind sicher alles wichtige Themen, die bestimmt viele Leser*innen interessieren. Aber durch die subjektive Erzählung im Blog sind nun mal reale Kinder davon betroffen. Es gibt dieses Kind tatsächlich, das genau dieses oder jenes wirklich erlebt hat! Und was passiert, wenn der Schul-Rüpel davon liest? Der gehasste Lehrer? Die gehässige Erzieherin?

Die künstlerische Freiheit ist auch für Blogger*innen nützlich

Über spannende und relevante Themen kann ich auch schreiben, ohne zu privat zu werden. Dabei hilft es mir natürlich, dass ich mein Handwerk gelernt habe. Ich schreibe hier oftmals Geschichten, in denen stecken mehr fiktive als reale Erlebnisse. Oder ich lasse die Geschichten anderer Menschen einfließen, die ich mal gehört habe. Das ist meine künstlerische Freiheit. Ironie und andere Stilmittel helfen mir außerdem dabei, hin und wieder ein bisschen Distanz zu meinem Privatleben zu erzeugen.

Dinge anzusprechen, die von gesellschaftlicher Relevanz sind oder Kritik an den gegebenen Verhältnissen üben, finde ich auch viel spannender als nur Privatgeschichten aus dem Familienalltag zu erzählen. Das Ganze dann kombiniert mit meinen persönlichen Erfahrungen, plus die Erfahrungen meiner Leserinnen, die in Kommentaren und über Social Media einfließen: DAS ist Bloggen für mich und deswegen liebe ich es so!

Die Kunst des Bloggens liegt vermutlich ohnehin darin, einen Eindruck von ganz viel Nähe zu vermitteln – ohne die teils ja sehr große Leserschaft zu nah an und in das eigene Leben zu lassen. Wenn meine Freundin den Eindruck hat, dass ich ziemlich viel Privates preis gebe, ist das also vielleicht ein kleines Kompliment, weil mir das Täuschungsmanöver ganz gut gelingt. Vielleicht ist meine Selbsteinschätzung aber auch einfach für den Eimer. 😉

3 Kommentare zu „#RegrettingBloggerhood – oder: Wie viel Öffentlichkeit ist OK?

  1. Pingback: Regretting Bloggerhood? Warum ich das Bloggen manchmal fast bereue… – Noch ne Muddi…

  2. Hi! Wunderbar reflektierter Beitrag. Und schön, Sternchen in einem Familienblog blinken zu sehen. 😉

  3. Pingback: #regrettingbloggerhood: Vom Lieben und Bereuen… – Noch ne Muddi…

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