Regenkleidung – Die größte Herausforderung für Eltern, seit es Regen gibt

Etwas, was ich mich seit vielen Jahren frage und was für mich zu den großen Mysterien der Elternschaft gehört, ist: Haben wir keine Draußen-Kinder, weil wir so selten raus gehen? Oder gehen wir so selten raus, weil wir keine Draußen-Kinder haben?

Die Situation kennen bestimmt die meisten von euch: Der Winter kommt, draußen wird es usselig, kalt und nass. Kein Problem, denkt man sich als Elternteil, wozu haben wir denn dieses durchaus beeindruckende Arsenal an wetterfester Kleidung angeschafft? Also, Kinder, rein in die Regenhosen! Und die Kinder so: Nö!

„Das zieh ich nicht an!“
„Das ist ungemütlich!“
„Die Träger rutschen!“
„Zieh mir das wieder auuuuuus!“

Oh Mann. Immer wieder stehen wir also vor der Frage: Fechten wir diesen Kampf jetzt aus oder bleiben wir einfach drinnen? Ich finde ja sowieso: Jede der vielen hunderttausend Regenhosen, die bei Tchibo über den Filialtisch geht, sollte mit einem Warnhinweis versehen werden:

„Achtung! Es könnte sein, dass Sie diese 14,99 € zum regnerischen Fenster rauswerfen. Nur ein geringer Prozentsatz an Kindern zieht Hosen wie diese auch wirklich an. Wir wünschen Ihnen viel Glück“.

Das fände ich mal fair. Steht aber auf keinem Preisetikett.

Warum willst du das nicht anziehen, Kind?!

Stattdessen sieht man in Prospekten, Schaufenstern und auf Websites Bilder von strahlenden Kindern, die glücklich und absolut wasserfest eingepackt durch Pfützen springen. Und sie haben ja sogar Recht! Diese Bilder lügen noch nicht mal! Denn haben die Kinder einmal aufgegeben und sich von Kopf bis Fuß in Neopren, Softshell und Goretex kleiden lassen, stapfen sie vergnügt draußen herum und haben meist innerhalb von Sekunden vergessen, dass die blöde Regenhose doch angeblich so unbequem ist.

Die Frage aber bleibt: Wie bringe ich mein Kind dazu, das vermaledeite Regendress anzuziehen, ohne jeden Spaziergang in stundenlanger Prozedur vorzubereiten? Ich vermute, das Zauberwort heißt auch hier wieder „Routine“, was ein Punkt für folgende Annahme wäre: Vielleicht haben wir tatsächlich keine Draußen-Kinder, weil wir (bei schlechtem Wetter) so selten raus gehen. Die beste Maßnahme wäre daher: Ab sofort bei jedem Wetter raus, beim Regenkleidung-Anziehen keine Kompromisse eingehen und darauf hoffen, dass das Geschrei mit der Zeit weniger wird.

Routine hilft nicht unbedingt

Dummerweise kenne ich so einige Familien, die es genau so praktizieren. Teils aus guten Gründen, z.B. weil sie kein Auto haben und deshalb bei Wind und Wetter mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sind. Teilweise beobachte ich, dass in solchen Familien die älteren Kinder (ab ca. Schulalter) das Diskutieren tatsächlich irgendwann eingestellt haben und es dann fluppt mit dem Regendress-Ankleiden. Bei den Kleineren gibt es aber trotzdem noch regelmäßig ein derart großes Gebrüll beim Anziehen, dass ich den erhobenen Zeigefinger eines manchen BO-Gurus* schon deutlich vor meinem inneren Auge sehe: „Das ist doch Gewalt am Kind!“.

Ja, aber was wäre die Alternative? Einfach nicht mehr rausgehen? Dann halt keine Kita, keine Schule, kein Einkaufen, elendiges Verhungern oder sieben Tage Haferflocken mit Milch-Wasser-Gemisch? Ja, OK, ich übertreibe. Aber mal im Ernst: Wer aufs Fahrrad angewiesen ist und hin und wieder mal pünktlich hier oder da sein muss, hat weder Zeit noch Nerven, mit einem Vierjährigen stundenlang über das Anziehen der Regenhosen zu diskutieren. Hier also ein schwesterliches High-Five an alle Eltern, die auch mal kurzen Prozess machen und auf den Effekt der Gewöhnung hoffen.

Auch erlaubt: Einfach mal den leichteren Weg nehmen

Gleichzeitig sind diese Erfahrungen für mich auch sehr ernüchternd. Denn offenbar sollte ich nicht alle meine Hoffnungen in den Effekt der Gewöhnung versenken. Der kann nämlich mitunter erst reichlich spät einsetzen und bis dahin heißt es weiterhin: Geschrei, Gebrüll, Verweigerung deluxe. Irgendwo finde ich es also total verständlich, dass wir uns oft einfach gegen das Rausgehen entscheiden. Und vielleicht ist es am Ende dann doch eher so: Wir gehen so selten raus, weil wir keine Draußen-Kinder haben. Denn ein waschechtes Draußen-Kind würde doch nicht jedes Mal so ein Theater machen, wenn es ums Anziehen von wetterfester Kleidung geht. Oder?!

Ach, ich weiß es ja auch nicht. Am Ende ist es vermutlich so, wie es meistens ist: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Also wurschteln wir uns weiter irgendwie durch. Bleiben mal drinnen, wenn wir keine Nerven für den Kampf ums Anziehen haben. Setzen uns aber auch mal durch, wenn wir unbedingt raus wollen oder müssen. Konsequent ist das jetzt nicht unbedingt. Aber wenn es doch die Nerven schont! Und wenn ich eines nach fast acht Monaten Corona-Ausnahmezustand begriffen habe, dann ist es das: Erlaubt ist, was Kräfte spart. Denn die kann ich noch sehr gut fürs Home Office mit Kind gebrauchen.

Und jetzt: Eure Tipps und Erfahrungen

Und wie haltet ihr das? Setzt ihr euch immer durch, damit eure Kinder wetterfest gekleidet sind? Oder lasst ihr auch mal Fünfe gerade sein? Habt ihr vielleicht sogar solche seltenen Exemplare von Draußen-Kindern, die mit Begeisterung ihr Regencape überwerfen um draußen herumzuplatschen? Oder gehört ihr eher zu meiner Fraktion und denkt euch: Der Sommer kommt doch früh genug. Gerne nehme ich auch Tipps entgegen, wie ich meine Kinder in möglichst unter einer Stunde dazu kriege, ihre Regenhosen anzuziehen.

Ich freue mich auf eure Kommentare!

*BO steht für „bindungsorientiert“ oder auch „bedürfnisorientiert“. Auch nach langer Beschäftigung mit der Thematik bin ich immer noch verwirrt, befürworte aber grundsätzlich die Prinzipien, die dafür einstehen, Kinder nicht von oben herab zu behandeln, sondern ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. 

11 Kommentare zu „Regenkleidung – Die größte Herausforderung für Eltern, seit es Regen gibt

  1. Sophie

    Wir haben gute Erfahrungen mit Überhosen aus Wollwalk gemacht. Die sind sehr kuschelig und auch halbwegs wetterfest.

  2. Luise

    Unser Kind geht in den Waldkindergarten und HASST leider Regenhosen. Da ist auch nix mit Gewöhnung. Wir ziehen ihm zur Zeit immer eine Outdoor Hose an. Die ist gefüttert und kuschelig und halbwegs wasserfest. Also es dauert sehr lange bis sie wirklich durchnässt ist. Wenn ich selbst mit den Kindern rausgehe bestehe ich nicht auf Regenhose. Ich finds nicht so schlimm wenn die Kleider etwas feucht werden und wenn sie frieren gehen wir eben wieder heim (das tun sie aber nie, da sie ständig rennen). Im Kindergarten gibt’s zwar die Regenhosenregel, aber da fahren wir jetzt gut mit der Outdoorhose.

  3. Fredi

    Für meine Kinder (4 und 1) sind Gummistiefel (und bunte Regenschirme) das Größte! Einfach reinschlüpfen und mühsame Schuhe- Anundausziehen entfällt. Bei „Ihr dürft auch die Gummistiefel“ gab es noch nie Gemecker über sonstige Regenkleidung.

  4. Kristina

    Witziger Text:)
    Meine Kinder (2,5 und 4,5 Jahre) sind echt nicht immer die unkompliziertesten?!
    Aber Rausgehen finden sie immer toll und sie haben noch niemals (!) über das Wetter gemeckert oder an der Regenkleidung rumgemosert. Sie gehen begeistert raus und ziehen an, was ich eben sage. Ich hab das aber bisher noch nie wertgeschätzt, sondern als total selbstverständlich hingenommen.
    Deshalb danke! Manchmal tut das gut, sich bewusst zu machen, dass es durchaus auch Alltags-Sachen gibt, die super klappen- oft liegt der Fokus doch auf den Schwierigkeiten!
    Den Super-Tipp hab ich dir jetzt aber leider auch nicht?! Gehst DU denn begeistert raus bei jedem Wetter? Ich nämlich schon… vielleicht ist das der Punkt🤔?

  5. Lisa

    Ich kann mich eigentlich weitestgehend dem Kommentar von Kristina anschließen. Das Problem haben wir nicht. Verstärkt wird es wahrscheinlich noch dadurch, dass wir eine dieser Fahrradfamilien mit Waldkindergarten-Kind sind. Regentage sind hier sogar sehr beliebt bei den Kindern, denn da kann man sich so schön im Matsch suhlen 😉

    Wir brauchen aber trotzdem ewig um zu Hause loszukommen, weil das Kind zwar raus will gleichzeitig aber noch spielen/fangen//verstecken muss und sowas wie Pünktlichkeit am Morgen natürlich überhaupt keine Relevanz in seiner Welt hat.

  6. Lena

    Hallo,
    Danke für den spannenden Text! Mein Kind (fast 3) hat sich bis jetzt eigentlich auch noch nicht nennenswert über die Regenhose beschwert. Es gibt öfter mal Diskussionen ums Anziehen, aber das ist völlig unabhängig vom Wetter und dem was angezogen werden soll (also eher nach dem Motto: was die Erwachsenen wollen, dass ich anziehe, will ich nicht anziehen, sondern genau das Gegenteil).
    Liebe Grüße und viel Erfolg!

  7. Anja

    Witzig, ja. Ich kenne alle Facetten. Das große Kind (jetzt 1. Klasse, mit ähnlicher Sonderausstattung wie euer Großer) war als Waldkindergarten-Kind begeistert vom Rausgehen, hat mir aber über drei Jahre jeden Morgen (im Sommer weniger als in den übrigen Jahreszeiten…) einen Horrortrip an Matschsachen-anziehen beschert. Gepaart mit einer gehörigen Portion „Übergangsproblematik“, bis heute leider. Und jeder Jahreszeitenwechsel war wegen neuer ungewohnter Anziehsachen sehr problematisch. Jedenfalls hat sich bei uns rausgestellt, dass die Sachen NIEMALS zu knapp oder eng oder kurz sein dürfen, lieber direkt die nächste Größe nehmen. Träger gehen nur bei Hosen die am Rücken zu einem Träger zusammenlaufen (rutschen nicht). Normale Matschhosen hatten wir generell schnell ohne Träger, am liebsten in Hardshell statt Gummi (weniger schwitzig). Regenjacken unbedingt mit Taschen, ich musste es meiner Tochter schwören. Einzelne Schichten, dann kann man immer mal eine ausziehen. Bequeme Sachen für drunter, lieber eine enge Strumpfhose statt eine krumpelige lange Unterhose, lieber Jogginghose statt Jeans. Socken über die Hose, dann rutschen sie in den Gummistiefeln nicht. Wolle wurde hier null akzeptiert, die könnte ja die Haut berühren und dann kratzen… Ach ja, und bei Kapuzenverweigerern (das schirmt halt auch recht stark die Sinne ab) hilft vielleicht ein Regenhut.
    Das kleine Kind, ebenfalls Waldkindergarten, ist völlig unkompliziert mit dem Anziehen (hoffe das bleibt so…), kann aber gut aufs Draußensein verzichten. Das war schon immer so – der Wald tut ihm zwar gut, hat aber seine Einstellung zum Rausgehen bisher nicht geändert. Glaube, euer Weg ist doch super: schauen wessen Bedürfnisse größer sind. Ist doch total bo! 😉

    • petra

      Auf der Suche nach wettfester Kleidung für meine Kinder bin ich zufällig hier gelandet. Mit der Beschreibung deines Sohnes hast du mir ein Déjà-vu beschert. Same here!
      Regenkleidung für die Übergangszeit ist bei uns nicht mehr so das Problem, seit er nicht mehr in Matschpützen herumbuddelt. Für Schulweg und Spielplatz langen Regenjacke und Gummistiefel. Umso schlimmer der Winter mit seinen vielen Schichten an Kleidung.
      Obwohl er ein Zarter ist, der schnell friert, hat er mit Thermohosen nie Freundschaft geschlossen, weil ihm das Material nicht behagt. Er hätte auch coole lange Schiunterwäsche, die er bisher aber nur unter seinem Schneeanzug getragen hat. Er besteht auch im Winter auf seine Lieblingsjeans oder Cargohosen, dann eben mit Strumpfhosen drunter. Die finde ich tatsächlich praktisch, weil es auch ganz Dünne gibt, die kaum auftragen und sich damit bequem unter Jeans ziehen lassen.
      Weiterhin viel Geduld!
      Petra

  8. Christina

    In Tipp: Die Träger der Regenhose am Rücken überkreuzen, dann rutschen sie nicht. Und mindestens eine Nummer größer nehmen und die Träger lang stellen. Dann kneift nichts im Schritt und Hosenbeine bleiben auch unten bei den Gummistiefeln.
    Wir haben aber Glück, unsere Kinder mögen Regenkleidung, Spielen in der nassen Sandkiste etc.

  9. Da nun wieder Herbst ist, ist auch Zeit für Regenhosen. Mein Kind hat natürlich welche, möchte sie jedoch nicht tragen. Im Zweifel werde ich mal versuchen das Kind nicht ständig überzeugen zu wollen.

  10. Julia

    Hey, habe einen Dreijährigen, der sich generell gern auszieht, aber nicht gern anzieht 🤣 wir üben jeden Tag und ich denke das ewige rum Diskutieren gehört irgendwie mit dazu in dem Alter. Was bei uns hilft bzw geholfen hat: wenn die Regenhose verweigert wurde, habe ich dann irgendwann mal „ok“ gesagt, bin ich mal fünf Minuten mit ihm vorm Haus gewesen bis er einfach total nass war – fand er selbst blöd. Dann sind wir rein und trockene Klamotten sowie Regenhose wurden ohne Meckern angezogen, weil sich ihm plötzlich der Sinn erschlossen hatte.
    Wenn er beim Anziehen mal wieder meckert, weil er grad zu faul ist und bei Anwesenheit von Mama plötzlich an Ganzkörperlähmung leider: Ich biete ihm dann meine Hilfe an, mache aber manche Dinge, die er schon gut kann, mit Absicht „falsch“ – dann kommt plötzlich von ganz allein ein „Mama, das zieht man doch anders rum an!“. So arbeiten wir uns gemeinsam durch den Alltag und auch wenn ich ihm beim Anziehen noch ständig helfen muss oder mit ihm diskutieren muss, sehe ich mittlerweile Mikro-Fortschritte. Denke bis zum Abi hat er das raus 😉
    Viel Glück auch euch anderen Mamis, nur nicht verzweifeln!

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