Kinder haben ist nix für Weicheier

Das Hübchen ist krank. Und zwar so richtig: 40°C Fieber und nach eigener Aussage völlig „paputt“. Kann nicht gehen, kann nicht stehen und fiel um. Lebte gestern hauptsächlich schlafend auf dem Sofa oder kuschelnd auf meinem Arm. Und ich merkte mal wieder: Kinder haben ist nix für Weicheier.

Solange alles tip-top ist, ist Kinder haben eigentlich ganz leicht. Bis auf die dauernden Schmerzen eben, die eine Mutter so hat, wenn ein ungestümes Kleinkind toben und klettern, treten und hauen mag. Gestern war dann jedoch seit ewigen Zeiten mal wieder ein Tag, an dem ich tatsächlich gar keine Schmerzen hatte. Kein Kind nutzte mich als Klettergerüst oder zum körperlichen Abreagieren. Stattdessen war ich ein großes Schmusekissen, habe getröstet und gestreichelt, zugedeckt und Tee gebracht. Keine Schmerzen. Und doch war es mir nicht recht.

Denn die körperlichen Schmerzen sind mir allemal lieber als die in meinem Herzen. Das hört sich zwar kitschig an, beschreibt das Gefühl aber am besten. Wenn es dem Sohn nicht gut geht, geht es mir noch schlechter. Alle Eltern kennen das.

Ängste kennen alle Eltern

Als das Hübchen gestern hoch fieberte, zwischenzeitlich bis fast 41°C, dabei aber ganz ruhig schlief, saß ich am Schreibtisch und wollte eigentlich arbeiten. Dabei horchte ich aber auf jede Regung und sprang andauernd auf um nachzugucken, ob das Kind denn auch wirklich noch lebte.

Das letzte Mal habe ich mich so verhalten, als das Hübchen neugeboren war. Geht es dem Baby gut? Atmet es noch? Ist ihm zu warm? Oder vielleicht zu kalt? Eine Zeit lang war jeder Alltagsgriff von Sorgen begleitet. Wenn ich mit dem Baby auf dem Arm etwas trank, hatte ich Angst, dass mir das Wasserglas aus der Hand und dem Baby auf den Kopf fallen könnte. Wenn ich mich schnell durch die Wohnung bewegte, hatte ich Angst dem Baby den Kopf am Türrahmen anzuhauen. Selbst beim Schlafen hatte ich Angst, nicht aufzuwachen, wenn mein Baby mich brauchte.

Nichts davon passierte natürlich in echt. Außer das mit dem Türrahmen. Mehrmals. Aber Babyköpfe sind stabiler als man allgemein so denkt. Und alle Ängste verschwanden mit der Zeit ganz von allein. Die erste Impfung: überstanden. Das erste Loch im Kopf: überstanden. Und auch das erste Mal hohes Fieber: längst überstanden.

Totaler Kontrollverlust

Das ändert aber nichts daran, dass ich jedes Mal aufs Neue Angst bekomme, wenn das Kind plötzlich hoch fiebert oder es ihm sonstwie nicht gut geht. Plötzliche Krankheiten, von denen man ja meist nicht mal weiß, um welche Krankheit es sich handelt oder wie lange sie dauern wird, bedeuten den totalen Kontrollverlust. Ich stehe machtlos daneben und kann nichts weiter tun als Tee bringen und da sein.

Und ich weiß, dass dieser Kontrollverlust mich mein Leben lang begleiten wird. Als Mutter oder Vater hat man den Nervenkitzel quasi schon inklusive. Wo Kinderlose sich anstrengen und den Kontrollverlust erst mühsam künstlich erzeugen müssen (Fallschirmspringen, Crack rauchen, unsafer Sex usw.), profitieren wir Eltern vom natürlichsten aller Nervenkitzel. Kinder sind unkontrollierbar. Keine Ahnung, wie sie sich entwickeln, wie viele schlimme Erkältungen sie in diesem Jahr haben werden, ob sie auf der Schule die falschen Freunde finden oder mit 13 zu Kiffen anfangen.

Eine gute Mutter oder ein guter Vater liebt sein Kind trotzdem bedingungslos. Und das ist wohl genau das Problem. Wenn was schief läuft, dann leiden wir. Selbst wenn es nur um einen Tag ziemlich hohes Fieber geht. Ein Kind potenziert alle Gefühle – positive genauso wie negative.

Manchmal kann ich mich gar nicht mehr erinnern, wie es um mein Gefühlsleben bestellt war, als ich noch kein Kind hatte. Vermutlich war alles sehr viel gleichförmiger. Langweiliger. Aber oft eben auch einfach entspannter. Kinder haben ist eben nix für Weicheier. Aber Fallschirmspringen wohl auch nicht.

8 Kommentare zu „Kinder haben ist nix für Weicheier

  1. Hach, und ich dachte, nur ich hätte Panik vor Türrahmen! 😉
    Mein Baby hat das erste Mal eine Mandelentzündung mit ganz viel Fieber, und heute Papa blieb zuhause, während ich ins Büro ging. Das ist schon ein komisches Gefühl, das erste Mal das kranke Kind zu verlassen!
    Ja, das Gefühlsleben fährt Achterbahn.

    Liebe Grüße, Andrea

  2. Liebe Sophie,

    ein sehr schöner Artikel! Du hast recht, diese Art Kontrollverlust erlebt man erst, wenn man selbst Kinder hat. Ich schaue jeden Abend, auch wenn die Kinder nicht krank sind, in ihre Betten und überzeuge mich, dass es ihnen gut geht…

    Ich habe übrigens deinen Artikel in der Brigitte Mom gelesen und bin so über deinen Blog gestolpert.
    Ich bin selbst Working Mom und kenne dieses Gefühl, nicht dazuzugehören zu den Mamis, die eben nur Mamis sind. Und weiß wie schwer es ist, in der wenigen Zeit, die man hat, neue Bekanntschaften zu knüpfen. Auch wir sind umgezogen und das alte Netzwerk war plötzlich weg…

    Insofern werde ich jetzt öfters mal hier vorbei schauen und von einer Gleichgesinnten lesen ;o)

    Liebe Grüße
    Andrea

    • Oh, da freue ich mich aber besonders! Ich habe die Brigitte Mom noch gar nicht gesehen, muss wohl noch bis Montag warten. Die Post war wohl zu langsam. Ich freue mich dass du hergefunden hast und wünsche dir viel Spaß beim Durchklicken!

  3. Puuh, diesen „Nervenkitzel“ kenne ich zu gut – und würde darauf gerne verzichten! Es ist der pure Horror, wenn es einem meiner Küstenkinder schlecht geht oder sie krank sind… ich liebe sie doch so sehr und würde alles tun, damit es ihnen gut geht! Da kann ich Dich nur zu gut verstehen. Ach, kann man sie nicht bis zum 35. Lebensjahr in dicke Watte packen und ab dann nur noch überbehüten?!?

    Liebe Grüße vom Meer
    Küstenmami

    • Hihi, nee bei mir ist das so, dass ich ja eigentlich gar keine „Überbehüte-Mutti“ bin. Deswegen ist es für mich eigentlich untypisch, mir dann doch so viele Sorgen zu machen. Aber wenn das Kind krank ist oder sonstwie auffällig, dann geht das selbst an mir nicht spurlos vorüber. 🙂 LG!

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