Kein Alkohol ist auch keine Lösung – über Entbehrungen in der Schwangerschaft

Ich tauge nicht zur Märtyrerin. War mir eh schon immer klar, aber in einer Schwangerschaft wird mir das immer noch ein bisschen klarer. Weil mit einem Glas Wein in der einen und einer Selbstgedrehten in der anderen Hand macht das Leben einfach mehr Spaß. Klingt doof? Ist aber so!

Was man so alles im Internet liest, wenn man einmal in diesen Themenbereich eingetaucht ist: Da gibt es Frauen, die gar nicht verstehen können, wie eine Frau mit Kinderwunsch überhaupt noch trinken und rauchen kann (Ja, Kinderwunsch, das ist genau dieser Zustand, der mit etwas Pech auch Jahre dauern kann).

Des Weiteren gibt es Frauen, die absolut nicht nachvollziehen können, dass andere Frauen einige Monate nach der Geburt mal wieder auf eine Party gehen wollen – und die Muttermilch nach drei Gin Tonic ins Klo anstatt ins Kind schütten. Und dann gibt es natürlich noch die Knallharten, die der Meinung sind, schwangere Frauen hätten sowieso nix auf Partys, in Kneipen oder Clubs zu suchen: Zuviel Rauch, Gerempel und was wäre erst, wenn der Barkeeper das alkoholfreie mit dem alkoholischen Bier verwechselte?!

Ich mag sogar Raucherkneipen

Tja, ich für meinen Teil mag ja sogar Raucherkneipen. Und wenn ich nicht gerade schwanger bin, rauche ich zu meinem Bier gerne eine Selbstgedrehte. Oder 10. Oder 20. Und am nächsten Tag sind meine Mandeln geschwollen und meine Stimme rauh und ich rauche wieder vier Wochen lang gar nicht, um in der nächsten geselligen Runde wieder schwach zu werden. Wobei das an sich gar nichts mit schwach werden zu tun hat, weil ich mir nämlich überhaupt nicht vornehme, nicht zu rauchen. Weil ich nämlich gerne rauche, wenn ich ausgehe. Weil ich gerne mal richtig unvernünftig bin und Dinge tue, einfach weil sie mir Spaß machen, mich entspannen, mich geselliger machen.

Klingt uncool? Weil die coolsten Leute ja eigentlich die sind, die auch ohne Alkohol und Nikotin Spaß haben können? Gut von mir aus. Aber mal ehrlich: Wie viele von diesen durch und durch coolen Leuten kennt ihr? Solche, die wirklich von Natur aus derart cool sind, dass sie sogar Schlagjeans tragen können, ohne blöd auszusehen. Solche die selbst auf Partys mit lauter fremden Menschen sofort mit den sympathischsten ins Gespräch kommen. Solche, die auch ohne das kleinste Schlückchen immer absolut selbstsicher sind und andere Menschen anziehen wie Magneten. Ich jedenfalls kenne nicht sehr viele Menschen dieser Art. Und deswegen fühle ich mich auch nicht schlecht, weil ich selbst nicht dazugehöre.

Mir fehlt ein bisschen Pichelei

Auch in dieser Schwangerschaft fehlt es mir, auf Partys oder in geselligen Runden ein Glas Wein trinken zu können, das den Einstieg in Gespräche erleichtert. Mir fehlen die Raucherrunden vor der Tür, in denen ich mich irgendwie immer ein bisschen jugendlicher fühle, als ich aussehe. Und nicht zuletzt fehlt mir tatsächlich auch manchmal ein abendliches Glas Wein zum runterkommen, zum nicht-mehr-alles-so-eng-sehen, zum sich erinnern an schöne Zeiten, zum Kichern über Blödsinn, zum mich-im-Spiegel-etwas-schöner-finden.

Ein bisschen Alkohol macht das Leben eben manchmal schöner. Oder auch nur ein bisschen erträglicher. Und wem das jetzt nach Suchtgefahr klingt, der ist da vielleicht ein gebranntes Kind. Ich meine das hier nämlich tatsächlich total harmlos: Mal zwei Bier pro Woche oder auch mal zwei Flaschen Wein in einer Nacht, aber nach sowas gerne wieder wochenlange Abstinenz.

Bisschen langweilig hier

Es ist also eigentlich gar nicht viel, was ich vermisse. Aber dennoch fehlt es mir eben. Weil ich am Samstag schlapp und kaputt auf der Couch sitze, obwohl ich zu einem Geburtstag eingeladen bin. Auf dem ich aber fast niemanden kenne. Als einzige Schwangere stocknüchtern Smalltalk mit Fremden machen steht auf meiner Prioritätenliste leider nicht so richtig weit oben. Und noch dazu bin ich sowieso wahnsinnig müde, die Brüste spannen und der Bauch ist im Weg. Obwohl mir ein Gang unter die Leute sicher gut getan hätte, bleibe ich also Zuhause und gucke auf Netflix anderen Menschen dabei zu, wie sie ein spannenderes Leben führen als ich.

Mir ist manchmal also ein bisschen langweilig in meinem schwangeren Dasein. Selbstverständlich fühle ich mich weniger frei, weniger locker, weniger aufgelegt zu frischen Taten. Glücklicherweise weiß ich ja aber, dass es alles ein Ende hat und dass ich meine Freiheiten schnell wieder zurückerobern kann, wenn ich nur will. Nach Hübchens Geburt habe ich damals schnell an mein altes Leben angeknüpft, bin auch wieder ausgegangen, habe tatsächlich auch mal abgepumpt um das Baby nicht zu früh auf den Geschmack von süßem Wein zu bringen.

Ich weiß, dass alles bald wieder geht

Ich weiß gar nicht, wie sehr ich das diesmal überhaupt wieder will. Und auch mein Umfeld ist ja ruhiger geworden. Kneipentouren seltener, irgendwie kriegen ja jetzt alle anderen auch Kinder. Aber es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass es geht, wenn ich es will. Ausgehen, meine Mutterschaft mal für ein paar Stunden vergessen, Zigaretten drehen wie ein Profi, unter Freunden Runden ausgeben.

Und um genau dieses „wenn ich es will“ geht es wohl. Denn in der Schwangerschaft kann ich nicht, obwohl ich manchmal – und sei es noch so selten – will. Was fehlt ist das Gefühl: das Gefühl zu können, zu dürfen, frei zu sein, spontan, flexibel. Aber es tut gut, zu wissen, dass es wieder kommt. Ob mit einem Kind oder zwei. Denn das Gefühl vom dürfen-dürfen lasse ich mir auch von meinen Kindern nicht nehmen. Und schon gar nicht von öden Frauenrunden im Internet, die ihr Talent zum Spaßhaben spätestens mit dem positiven Schwangerschaftstest verloren haben.

P.S. Das Foto oben ist übrigens gut anderthalb Jahre alt und entstammt damit einer Zeit, in der ich weder schwanger war, noch überhaupt einen Kinderwunsch hegte. Kein Grund also, sich Sorgen zu machen! 😉

10 Kommentare zu „Kein Alkohol ist auch keine Lösung – über Entbehrungen in der Schwangerschaft

  1. Sehr schöner Artikel! Mich hat das auch wahnsinnig gemacht, diese ganzen Vorschriften, vor allem, weil die Risiken für das Ungeborene oft enorm klein – Rohmilch, sag ich nur – oder nicht bewiesen sind bzw. für Alkohol in der Schwangerschaft ausschließlichStudien mit schweren Alkoholikerinnen herangezogen wurden. Der Vergleich zu einem Glas Wein im Monat hinkt da doch sehr. Und dennoch wird getan, als würde man sein Kind wissentlich in die Behinderung oder den Tod schicken… dabei ist es gefährlicher, das Haus zu verlassen, wenn man die Unfallziffer für Fußgänger mal so betrachtet.
    Ich hatte auch mal darüber gebloggt – anscheinend gibt es eine britische Studie, schrieb mir eine Kommentatorinnen, die Auswirkungen des gemäßigten Alkoholkonsums bei Schwangeren untersucht haben. Sprich: drei Gläser Wein pro Woche, wenn ich mich entsinne. Auswirkungen auf das Kind: keine. Fand ich ja spannend.

    • Oh echt? Ich kenne da eher andere Aussagen von Medizinern und Wissenschaftlerin. Nach meinem Wissen ist das Tückische eben, dass man nie wissen kann, in welchem Schwangerschaftsstadium welche Menge an Alkohol schadet. Es gibt wohl Hinweise, dass in „kritischen“ Phasen schon kleine Mengen große Schäden anrichten können.

      Ich verzichte konsequent auf Alkohol, weil es ja eben doch eine Art Gift ist und ich mein Baby wirklich nicht gefährden will. Im Artikel geht es mir auch eher darum, dass mir meine Freiheit eben fehlt. Ich verzichte für mein Baby, aber es macht mir keinen Spaß. 😉

      • Hannah

        Das ist auch der aktuelle Standpunkt: Man weiß einfach nicht, wann wieviel Alkohol Einfluss hat und inwieweit die Entwicklung (das muss noch nicht mal groß auffallen – allein Konzentrationsschwierigkeiten können darauf zurückzuführen sein) dadurch beeinflusst wird. Das Baby ist im Bauch definitiv mit dem Blutkreislauf der Mutter verbunden und darüber wird Alkohol an das Ungeborene weitergegeben. Ich sehe das Thema ziemlich genauso wie Du und Alkohol während der Schwangerschaft ist ein No-Go!

  2. Fio

    SO VIEL ZUSTIMMUNG!

    Hach, mehr kann ich gar nicht sagen… außer: Ich hasse es nicht, schwanger zu sein, fühle mich aber manchmal als hätte ich einen Vertrag mit tausend Klauseln unterschrieben – Knebelvertrag. Ich fühle mich meiner Freiheiten beraubt und kann nicht so ich selbst sein, wie ich es gewohnt war. Aber ich bin sicher, dass es „mich“ als Frau und allgemein Mensch auch nach der Schwangerschaft noch geben wird und ich mir meine Freiheiten zurückhole nach und nach. Ansonsten wird hier nämlich auch kein Mann oder Baby glücklich, wenn die Frau ständig unglücklich und unzufrieden ist, weil sie sich zurücknehmen muss. Und jau, auf die Zeit nach der Geburt und nach der ersten ahrten zeit, freue ich mich schon sehr 🙂

  3. Rebecca

    Herrlich, ein Artikel, der mir grade aus dem Herzen spricht. Habe „Schwangerschaft Entbehrungen“ gegoogelt weil mich die tausend Einschränkungen wirklich manchmal etwas nerven, Knebelvertrag ist ein super Stichwort :-D. Danke für eure Zeilen, jetzt fühle ich mich solidarisch gestärkt und wieder aufgestellt ;-).

  4. Angi

    Super Beitrag – spricht auch mir aus dem Herzen. Wobei mir zusätzlich noch zu schaffen macht, dass man so viele „normale“ Dinge besser nicht tun sollte. Ich habe z. B. ein Pferd – Reiten ist zu gefährlich, all meine lieben Hobbies sollte man auch meiden (Inlineskaten, Schwimmen in meinem Fall wg. Blasenentzündungen, etc.). Da fehlt mir tatsächlich was, ganz besonders, weil ich versuche, alles etwas ruhiger angehen zu lassen und damit eigentlich Zeit freigeschaufelt hätte, die ich so nicht nutzen kann, wie ich es gerne würde.

  5. N.N.

    Alkohol in der Schwangerschaft – absolutes NO GO! Die wissenschaftlichen Studien, Ärzte, etc. warnen davor, mit Grund. Rauchen genauso wenig. Das sind Gifte. Reißt euch einfach zusammen. Ich gehöre übrigens mittlerweile echt zu denen, die auch ohne Alkohol sehr viel Spaß auf einer Party haben können. Das hat mit eurem Selbstwert und eurer Einstellung zu tun. Vielleicht lernt man das besser, wenn man älter wird…

    Was man sonst alles sollte oder nicht, das sollte jeder für sich entscheiden. Solange es einem gut tut und dem Kind und der Schwangerschaft auch, darf man es gewöhnlich tun. Ich bin geritten, weiterhin geritten, weil ich es vorher auch getan habe. Bis zu dem Tag, als ich mich danach nicht mehr so gefühlt habe. Und so war es richtig.

    Ich habe immer Kaffee getrunken während meiner Schwangerschaft, eine Tasse täglich. Weil ich dachte, das schadet sicher nicht. Jetzt würde ich es nicht mehr tun, mein Gefühl sagt mir, dass es für ein Kind im Bauch auch nicht gesund sein kann, Grüner Tee tut es auch.

    • Wo liest du denn in diesem Text irgendwas von Alkohol in der Schwangerschaft…?

      Grüner Tee und Kaffee sind übrigens sehr ähnlich in ihrer Wirkung. Wenn du es da so eng siehst, würde ich da dann lieber auf beides verzichten, auch wenn grüner Tee vielleicht irgendwie „natürlicher“ klingt.

  6. Anja

    Hallo,
    du sprichst mir aus der Seele!!! Endlich mal jemand der die richtigen Worte findet und sich ebenso gefühlt hat wie ich es aktuell tue!
    Laut aussprechen darf man es ja nicht, man sieht an Kommentaren wie dem von N.N. welche Meinungen und Sichtweisen einem ständig aufgezwungen werden. Wenn Sie es so sieht Ihre Sache, ich vermisse das ICH sein eben. Und ja dazu gehört bei mir ebenfalls auch mal ein schöner ausgelassener Abend mit Alkohol und sogar gern auch eine (oder viele) Gelegenheits Zigaretten. Und dann geht das normale Leben ohne diese Dinge wieder weiter. Und nein deshalb mache ich mir keine Sorgen Alkoholiker zu sein!
    Das schlimmste sind die Menschen, die einen als schwangere blöd angucken wenn man auch nur einmal in den 10 Monaten sagt, dass man eine Sache von den vielen auf die man verzichten muss, vermisst. Aber selber egoistisch ohne Ende und keinen Tag die eigenen Bedürfnisse zurück zu schrauben. Da könnte ich platzen!!!
    Bitteschön es darf jeder selbst mal 10 Monate auf all diese gewohnten Dinge verzichten, da wäre ich bei vielen sehr gespannt!
    Ist nicht meine erste Schwangerschaft und ich hatte danach so oft Gespräche mit schwangeren die einfach nur dankbar waren das sie endlich mal jemand versteht das sie ein Mettbrötchen vermissen und sich manchmal einsam, traurig und ausgeschlossen fühlen. Warum ist unsere Gesellschaft nur so Gefühl los den Schwangeren gegenüber? Ist ja keine Krankheit, wie ich diesen Spruch hasse! Manche Frauen haben mehrere Monate die Symptome einer Magen Darm Grippe, fühlt sich schwanger übrigens NICHT besser an!!!! Mal von den ganzen anderen Begleiterscheinungen abgesehen… nun ja.
    Also vielen Dank für deine tollen Worte!!!! Alles Gute für dich :o)

  7. Lena

    Ein wirklich blöder Artikel. Klar, Leute, die es schaffen, keinen oder kaum Alkohol zu trinken und ohne Spaß zu haben, gibts quasi nicht. So eine bequeme Ausrede.

    Ich kenne so jemanden: MICH. Es ist durchaus möglich, kaum Alkohol zu trinken. Man lernt dabei übrigens auch früh, mit Dummen Sprüchen umzugehen. Und ich bin sicher nicht nur mit Alkohol ich.

    Man kann durchaus mal 10 Monate auf paar Dinge verzichten.

Schreibe einen Kommentar

Datenschutzhinweise: Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und du kannst Pseudonyme oder anonyme Angaben nutzen. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Deine Kommentarangaben werden zur Spamprüfung an die Wordpress-Entwickler Auttomatic, USA und deine E-Mail-Adresse an den Auttomatic-Dienst Gravatar übermittelt, um das ggf. von dir dort gespeicherte Profilbild zu verwenden. Mehr Details zur Verarbeitung deiner Daten und den Widerrufsmöglichkeiten liest du in meiner Datenschutzerklärung.