Entwicklungsgespräch

Früher dachte ich ja immer, im Kindergarten soll vor allem gespielt werden. Heute weiß ich es besser, denn es stand mal wieder an: das jährlich stattfindende Entwicklungsgespräch.

Einmal im Jahr bittet uns unsere Kita zum Gespräch. Neben der Liste mit „Helfer für den Kindertrödel gesucht“ und der Liste „Wer spendet Waffelteig?“ hängt dann die Liste mit den Terminen, an fünf Tagen im Halbstundentakt wahlweise zwischen 7.30 und 9 Uhr oder 14 und 15.30 Uhr. Pflichtbewusst tanzen der Mann und ich dort stets gemeinsam an. Ist ja schließlich auch unser gemeinsames Kind. Und nach dem Gespräch aus dem Vorjahr dachten wir uns, dass es erneut ein schöner Anlass wäre, einfach mal ein bisschen was Nettes über unseren Sohn zu hören.

Falsch gedacht. Im letzten Jahr herrschte nämlich offenbar noch Gnadenfrist. Da war das Hübchen einer von den Kleinen, gerade etwas über ein halbes Jahr in der Kita. Da hieß es: Kind hat sich gut eingelebt, hat Freunde gefunden, spielt frei und ausgelassen, verhält sich insgesamt sozial und aufgeschlossen. Das war schön zu hören und bestätigte unseren Eindruck. Jetzt allerdings ist er ein „Mittelkind“, von dem anscheinend viel mehr erwartet wird, als zuvor.

Die Gang stört!

In diesem Jahr wurde einiges moniert. Erstens hat die Clique des Hübchens sich offenbar zu einer wilden Gang entwickelt, die insbesondere dem Musiklehrer arg zusetzt, der alle zwei Wochen eine Stunde musikalische Früherziehung versucht durchzuführen. Ich muss mir das Grinsen verkneifen, als die Erzieherin erwähnt, dass der gute Herr darum gebeten hätte, die Eltern der störenden Kinder darüber in Kenntnis zu setzen. Worüber genau? Na, dass ihre Kinder eben so aufsässig seien und in der Musikstunde nur Quatsch machten.

Auch beim Essen müssten die Jungs nun immer an verschiedenen Tischen sitzen. Nur Unfug hätten sie im Kopf. Und mit der Konzentration sei es beim Hübchen ja auch nicht besonders weit her. Den ganzen Tag nur Spielteppich, das ginge eben auch nicht! Ab und zu sei auch mal Arbeit am Tisch angesagt! Und überhaupt werde er im Sommer ja Vorschulkind und ab da müsste er sich sowieso ändern.

Moment!, rufen der Mann und ich gleichzeitig. Das Hübchen ist zum Glück kurz nach Stichtag geboren (der liegt in NRW mittlerweile am 30. September, wodurch im Sommer eines jeden Jahres massenhaft Fünfjährige eingeschult werden). Als Oktoberkind kommt unser Sohn um eine in meinen Augen zu frühe Einschulung gerade noch mal herum und hat ab jetzt noch knappe zweieinhalb Jahre bis zum Schuleintritt – und damit noch eineinhalb Jahre, bis für ihn in der Kita der Ernst der Vorschulkinder beginnt. Fast nie war ich froher, meinem Kind ein weiteres Jahr Kita gönnen zu können.

Fördern, fördern, fördern

Nachdem die Erzieherin ihren Irrtum bemerkt hat, wird das Gespräch prompt angenehmer. Na gut, dann sei ja noch viel mehr Zeit. Ob wir trotzdem Zuhause ein bisschen daran arbeiten könnten, dass das Hübchen lernt, sich wieder besser zu konzentrieren? Ruhiger zu sein? Sich nicht so sehr der Gruppendynamik anzuschließen?

Klar, sagen wir, nicken und lächeln. Weil wir wissen, dass unser Kind sich sehr gut konzentrieren kann, wenn er will. Weil er Zuhause malt und bastelt, manchmal eine Stunde versunken mit seinen Playmobilfiguren spielt oder mit Duplo und Lego die tollsten Sachen baut. Außerdem wissen wir, dass das Hübchen seine Kita liebt. Ich mag die Erzieherinnen unserer Kita sehr gerne. Und ich ahne, unter welch absurdem Druck sie mittlerweile stehen. Da müssen Tabellen zu Dokumentationszwecken ausgefüllt und die Kinder genau beobachtet werden. Erzieherinnen sind heute dazu angehalten, die Entwicklung der Kinder zu unterstützen, sie schulreif zu machen, Schwachstellen zu erkennen und bestmöglich zu fördern. Vor allem soll natürlich unbedingt gemerkt werden, wenn ein Kind sich nicht altersgerecht entwickelt.

Bloß finde ich: Dass das Hübchen gerade einen enormen Bewegungsdrang hat, kaum still sitzen und sich gerade in Gruppensituationen schlecht allein auf sich oder eine ruhige Tätigkeit konzentrieren kann, ist total altersgerecht! Ehrlich gesagt freue ich mich sogar darüber, dass er mit seiner Gang die Kitagruppe unsicher macht. Die Jungs fühlen sich gemeinsam stark – und zwar ganz ohne dabei wirklich unangenehm zu werden. Sie mögen laut sein und albern, für so manchen Musiklehrer auch mal ziemlich störend. Aber sie sind nie aggressiv oder ärgern die Kleineren. Sie haben einfach ziemlich viel Spaß zusammen.

Regeln sind wichtig – aber das Verhalten der Jungs ist doch total normal!

Natürlich verstehe ich auch das Dilemma der Erzieherinnen. Zu zweit oder dritt auf 25 Kinder achten zu müssen, ist selbst bei 25 totbraven Kids eine ordentliche Aufgabe. Wenn dann eine Gang wildgeworderner Vier- und Fünfjähriger querschlägt, braucht es Nerven aus Drahtseilen. Und ich bin absolut dafür, dass die störrischen Jungs alle Regeln lernen! Dass das Hübchen und seine Gang von den Erzieherinnen in die Schranken gewiesen wird, wenn es mal wieder zu wild zuging, ist völlig OK. Ich frage mich nur: Warum muss dieses in meinen Augen völlig altersgerechte und normale Verhalten im Entwicklungsgespräch en détail thematisiert werden? Es sind nun mal einfach vier- und fünfjährige Jungs, die zusammen rumblödeln.

Immerhin geht das Gespräch dann doch noch über dieses Thema hinaus und die Info, dass das Hübchen auch in der Kita eine recht geringe Frustrationstoleranz zeigt, finde ich dann auch gleich interessanter. Wie bei uns Zuhause reagiert mein Söhnchen offenbar auch in der Kita schnell weinerlich oder brüllt sogar los wie ein Kleinkind, wenn er sich mit einem Freund um ein Spielzeug zankt.

Was mich in dem Zusammenhang aber richtiggehend rührt: Die Erzieherin erzählt, dass seine Freunde ihm meist das Spielzeug geben, das er haben wollte, sobald er untröstlich anfängt zu schluchzen. Weil sie dann so arges Mitleid mit ihm haben. Das mag in den Augen der Erzieherinnen pädagogisch wenig wertvoll sein, zeigt aber vielleicht umso mehr, dass Kinder einfach andere Messlatten anlegen als wir Erwachsenen. Seine Freunde nehmen aktuell anscheinend wahnsinnig viel Rücksicht auf das sensible Hübchen-Gemüt, trösten ihn, wenn er traurig ist und geben sogar ihre Lieblingsspielzeuge ab. In den Augen der Erzieherin ist das natürlich nicht richtig so. Aber glücklicherweise klären die Jungs das meiste ja unter sich – bei dem miserablen Betreuungsschlüssel können sie schließlich gar nicht die ganze Zeit beaufsichtigt werden.

Den Kindern Zeit geben

Nach dem Gespräch sitzen der Mann und ich ein bisschen ratlos im Auto. Was wollte uns dieses Gespräch jetzt sagen? Unser Kind funktioniert offenbar nicht ganz so, wie es von ihm erwartet wird. Aber sind die Erwartungen nicht auch ein bisschen hoch? Muss das Hübchen zweieinhalb Jahre vor Schulbeginn schon üben, längere Zeit konzentriert am Tisch zu sitzen? Und sollen wir nun ernsthaft Zuhause mit ihm schimpfen, weil der Musiklehrer sich von ihm und seinen Freunden gestört fühlt?

Wir entscheiden uns dafür, das Gespräch abzuhaken. Und uns darüber zu freuen, dass das Hübchen eine richtige Clique hat, mit der er die Kita unsicher macht. Wir wollen ihn solange klein sein lassen, wie er es noch kann. Durch die Geburt seiner Schwester befindet er sich aktuell gerade eh in einer ziemlichen Regressionsphase. Und ich glaube nicht, dass die bis zu seiner Einschulung andauern wird.

Kindergarten heißt für mich vor allem eins: Die Kinder sollen spielen dürfen und sich ausprobieren, ohne Zwang, ohne Druck. Denn selbst in so einem lockeren Rahmen ist es für die Kleinen schon anstrengend genug, sich einen halben Tag in einer großen Gruppe voller anderer Kinder zurechtzufinden. Die ärgeren Zwänge kommen in einigen Jahren eh. Aber jetzt gerade ist das Hübchen vier Jahre alt und ein Kita-Kind. Und damit doch noch ganz schön klein.

15 Kommentare zu „Entwicklungsgespräch

  1. Ich kann dir nur zustimmen. Und ich finde darüber hinaus, dass dieses ganze darauf hinaus läuft: Energie stört. Energie wird immer ganz schnell als zu viel empfunden. Dabei ist Energie Lebenselixir und absolut notwendig. Und sie läuft nur in so komische manchmal zerstörerische Bahnen, wenn man keine anderen Wege aufzeigt. Ich (Mama von zwei Jungs und zwei Mädels) habe das vor allem bei den Jungs immer wieder gesehen und ich befürchte, dass das vor allem (aber nicht nur) die Jungs ihr Leben lang massiv enschränkt. Energier unterdrücken (deprimieren) kann depressiv machen. Ich habe daher ein Konzept für Kitas entwickelt, wie sie mit der Energie positiv umgehen können, sie begrüßen, willkommen heißen als etwas Gutes, das wir alle im Leben brauchen und sie in gute Bahnen lenken. Dann fällt auch Lernen und Konzentration viel viel leichter (weil man nicht immer diesen Energiedrachen im inneren in Schach halten muss). Kann ja gerne mal genauer berichten oder komme in eure Kita – das Problem mit den Gangs der „größeren“ Jungs gibts in j e d e r Kita. Und das sind die Besten – ehrlich! Liebe Grüße Barbara (schau mal hier: http://www.loesung-bruening.com bei den Workshops)

    • Danke, das klingt interessant. Der Kita so etwas vorzuschlagen, ist ja immer etwas heikel. Das klingt dann schnell nach „Ihr seid zu schlecht, bildet euch mal fort“. Vielleicht könnte man mit der Empfehlung als Elternbeirat eher mal über den Träger gehen oder so…

      Ich bin nämlich sicher, dass das ein Problem ist, was sich in fast allen Kitas zeigt, außer vielleicht in Waldkindergärten oder so. Das fängt ja schon damit an, dass es meist viel zu wenig Platz für die vielen Kinder gibt.

      Was du außerdem ansprichst, dass Kinder sich viel besser konzentrieren können, wenn sie ansonsten wild sein dürfen, finde ich auch ganz genau so! Und ich denke sogar, dass es mehr nutzen würde, die Kitakinder einfach länger mit Verpflichtungen in Ruhe zu lassen, als sie schon als Vorschulkinder (mit teils 4 Jahren!) in die Verantwortung zu nehmen. Vielen wird der Spaß an der Schule so schon vergällt, bevor es richtig angefangen hat. 🙁

  2. Kathi

    Hach ja… Ich habe hier auch einen der nicht so ganz ins Schema passt… Beim letzten Elterngespräch sagte die Kitaleiterin doch ernsthaft, wenn sie gewusst hätte dass das so läuft hätte sie eine Integrationskraft beantragt. Das „Problem“: der Junge ist sehr aufbrausend (hat er vom Papa, wissen wir, danke) und er klinkt sich bei Gruppenaktivitäten grundsätzlich aus (hat er von Mama, kennen wir auch, dankesehr). Wie soll der Junge nur in der Schule zurecht kommen? Nun zum Glück sind das noch anderthalb Jahre hin, und da sowohl Papa als auch Mama die Schule und alles weitere gut gemeistert haben, wird es schon schiefgehen. Auf die Frage ob mein Sohn denn unglücklich wirkt kam ein erstauntes Nein, gar nicht. Na also, wo ist denn dann das Problem? Zum Glück ist seine Bezugserzieherin eine ganz tolle. Wir sind uns einig dass er völlig ok so ist. Und um die Schule sorge ich mich wenn es so weit ist.

    • Mann, das klingt ja richtig frech! Was habt ihr der Kitaleiterin denn da entgegnet? Mir wäre da vermutlich vor Schreck die Sprache weggeblieben.

      Aber das Problem ist ja ein übliches: Wer nicht ins Schema passt, wird am liebsten aussortiert. Oder es wird gedrängt und gezerrt, bis das Kind doch ein bisschen reinpasst. Was mich so aufregt, ist, dass das Hübchen und seine Gang echt keine auffälligen Kinder sind. Die sind halt albern, laut, wild. Aber kein bisschen aggressiv, vorlaut, hinterhältig oder gemein. Das sind normale Kinder. Wenn die schon nicht ins Schema passen, dann weiß ich auch nicht, wo das hinführen soll.

      Und vermutlich sind es genau diese Kinder, die später mal top Schüler werden, oder noch später beruflich sehr erfolgreich oder einfach im Leben sehr glücklich und selbstbestimmt werden. Aber in der Kita waren sie „auffällig“…

      • Kathi

        Da unsere Kita wirklich ehrlich ansonsten ganz toll ist (und Sohn Nummer zwei ab August auch noch vier Jahre dort vor sich hat) bin ich sehr nett geblieben. Ich weiß dass der große nicht immer leicht zu händeln ist. Er hat halt seine baustellen. Ich verstehe auch dass das für die Erzieherinnen einfacher wäre wenn er sich mehr anpassen würde. Und sie haben auch absolut mein Einverständnis zur nötigen Strenge wenn er total quer schlägt. Ich habe aber auch klar gemacht dass ich nicht will dass er sich verbiegt und damit unglücklich wird. Er ist nämlich auch ehrlich kein aggressives oder gemeines Kind. Er hat Probleme mit der Reizverarbeitung, was in Kombination mit seinem Temperament des öfters zu schlimmen Schreianfällen führt. Ich habe anschließend auch noch mal mit der Bezugserzieherin gesprochen. Die liebe ich besonders, vor allem für diesen Satz: Ja, ihr Kind fordert uns schon mehr als der Durchschnitt. Aber ich mag ihn sehr und an ihm merke ich warum ich diesen Beruf so liebe.

        Also alles in allem finde ich dass dort sehr gut damit umgegangen wird. Uns wurde auch noch nie geraten ihn mal auf dieses oder jenes zu testen etc.
        Nicht wie bei mir damals, wo die Lehrerin der ersten Klasse mich auf die Schule für schwer erziehbare Kinder schicken wollte (Gott sei Dank stand meine Mama immer hinter mir).

        • Kathi

          Und wie du schon sagst, ich denke auch dass gerade unsere Kinder später mal erfolgreicher und glücklicher sein werden als manch andere. Eher bestimmt als diejenigen, die nach außen sich anpassen, still und fügsam sind, aber innerlich unglücklich.

  3. Nadine

    Traurig ist das. Sher traurig. Wenn die erste Pisa-Studie etwas hervorgebracht hat, dann wohl nur Aktionismus und verfehlte Maßnahmen. Nach der ersten Pisa-Studie haben die Kindergärten den so genannten Bildungsauftrag erhalten. Das klingt zwar sehr wohlwollend und positiv, hat aber leider nur zur Folge, dass der erste Druck schon im Kindergarten aufgebaut wird, denn nun müssen sie schon im Kindergarten funktionieren und dürfen immer weniger Kind sein. Ich verstehe auch, dass die Erzieher da in einer misslichen Lage sind und dazu verdonnert werden, Dokumentationen zu schreiben und kritisch zu beäugen statt sich voll und ganz den Kindern zu widmen.
    Hinzu kommt, dass die Eltern zunehmend verunsichert werden und nach solch einem Elterngespräch meist das nächste Gespräch mit dem Kinderarzt zu suchen um entsprechende Maßnahmen und Therapiemöglichkeiten zu diskutieren. Ich würde mir wünschen, dass in diesen Gesprächen der Fokus auf den Stärken des Kindes liegt, denn die gilt es doch in den ersten Lebensjahren zu bekräftigen und sie zu starken Kindern zu machen, um dem Schulalltag gerecht zu werden. Potentialentfaltung wird durch diese standardisierten Maßstäbe schon im Kindergarten kapuut gemacht. Ach, zu dem Thema könnte man seitenweise schreiben, denn unser krankendes Bildungssystem beginnt leider nicht erst mit der Schulzeit.

    • Und das unverschämteste an der ganzen Sache ist ja, dass die Erzieherinnen die ganzen Verpflichtungen noch obendrauf bekommen – weil am Personalschlüssel zu drehen wäre ja wirklich zu teuer! Das frühkindliche Bildungssystem, wenn man es so nennen kann, ist eine Katastrophe, das sehe ich genau wie du. Ich bewundere die Kitaleitungen und Erzieherinnen dafür, was sie überhaupt alles leisten und tolles auf die Beine stellen, obwohl die Zeit nie reicht und die Bezahlung auch ein Witz ist.

  4. Doreen

    Woher kommt eigentlich diese allgemeine Hybris? Diese Einstellung, Die Kindergärtnerinnen
    a) seien nur überfordert und hätten es einfach gerne leichter, indem das Kind sich mehr anpasst
    b) würden das Kind einfach nicht richtig kennen
    c) sind einfach zu streng und ließen den Kindern nicht ihren Freiraum
    ?

    Die ErzieherInnen sind vom Fach, die wissen was sie tun, und wissen auch, wann es angebracht ist, das Kind evtl. ein bisschen mehr in Richtung Konzentration und verträglicheres Sozialverhalten zu stubsen, denn – ich zitiere aus einem der Kommentare weiter oben – „um die Schule machen wir uns dann nen Kopf, wenn es so weit ist“ – ist eine ziemlich naive Einstellung. Denn wenn das Kind bis dahin noch nicht stillsitzen kann und andere Kinder terrorisiert, dann hat es größere Probleme, als wenn man ihm schon frühzeitig hilft, sich in die Richtung zu entwickeln. Denn dann kann eben nicht mehr alles ausgehandelt und individuell-diplomatisch behandelt werden. Aber gut, dann ist halt mal wieder das System schuld. Oder die Lehrer.

    • Liebe Doreen,

      weißt du, wie es aktuell in den Kitas aussieht? Ich meine mich zu erinnern, dass du in irgendeinem Kommentar schreibst, du seist schon älteren Semesters und hättest bereits große Kinder. Vielleicht war es damals, als deine Kinder in der Kita waren auch einfach noch nicht so arg.

      Just gestern war es wieder Thema im Heute Journal: Da erzählte eine Kita-Leiterin aus Herne, wie überfordert sie alle seien. Für die ganzen Dokumentationsaufgaben würde sie sich dringend eine Bürokraft wünschen, weil die Erzieherinnen das alles noch zusätzlich zu ihrem ohnehin stressigen Job leisten müssten. Früher gab es diesen Dokumentationszwang noch nicht. Du kannst dich heute mit fast jeder Erzieherin darüber unterhalten: Die sind alle überfordert.

      Natürlich tun sie ihr Bestes, das unterstelle ich jetzt mal. Aber bei anhaltendem Stress ist es normal, dass man weniger belastbar ist und Mittel und Wege sucht, den Job etwas erträglicher zu gestalten. Da kann man noch so tolle Dinge in der Ausbildung gelernt haben. Wenn keine Zeit und keine Nerven da sind, diese umzusetzen, hat man ein Problem.

      Denn ja, um auf deinen indirekten Vorwurf einzugehen, das System trägt tatsächlich viel zu oft die Schuld. Und das ist so schade, weil dadurch so viele Kinder auf der Strecke bleiben. Das sagen mit Bedauern auch die meisten Lehrerinnen und Lehrer. Die würden alle gerne mehr möglich machen, geht aber nicht. Weil die Bildung seit Jahrzehnten kaputt gespart wird und immer nur die schlimmsten Löcher gestopft werden.

      Vielleicht kannst du einfach froh sein, dass deine Kinder da durch sind. Und im Umkehrschluss die Sorgen anderer Eltern akzeptieren.

      • Doreen

        Ich verstehe, insbesondere, deine Systemkritik durchaus.
        Nur: was tust du, wenn das Hübchen eingeschult wird und es bis dahin nicht sitllsitzen kann? In der Pause andere Kinder (entschuldige, mir fällt kein milderes Wort ein) terrorisiert? Dann nutzt halt die ganze Systemkritik und Nachsicht auch nicht mehr viel.
        Aber ich verstehe deinen Standpunkt durchaus; ich glaub zwar, dass wir an dem Punkt nicht zusammenkommen werden, wollte dir aber trotzdem mal meinen Senf dazu dalassen 😉

  5. Lisa

    Toller Beitrag. Wir gehen zwar noch nicht in den Kindergarten, habe aber ähnliches von Freundinnen gehört. Das wartet nächstes Jahr dann auch auf uns.

    LG
    Lisa

  6. Toller Beitrag! Auch mein Sohn spielt eine Stunde mit dem Playmobil und baut die tollsten Sachen mit LEGO. Das zeigt ganz sicher, dass er sehr kreativ ist.

  7. Katharina

    Vielen, vielen Dank für diesen Beitrag. Ich bin heute ganz zufällig auf Dich gestoßen, liebe Sophie. Wir hatten gestern solch ein Kita Gespräch wie Du es beschreibst, ich habe mich soooo elend gefühlt, als Maximalversagerin, nach Deinem Beitrag geht es mir um ein vielfaches besser und ich bin guter Dinge das wir einen schultauglichen Jungen haben werden. Bleib gesund und lieben Dank

    • Liebe Katharina, wie schön, durch deinen Kommentar bin ich mal wieder auf diesen alten Artikel gestoßen. Freut mich, dass er dir sogar helfen konnte.

      Ich muss ein bisschen grinsen, wenn ich an das Gespräch damals zurück denke. Denn ich weiß zufällig, dass das Hübchen und seine gesamte „Gang“ von damals nun vorbildliche Grundschüler sind, die sich toll machen. Die restliche Kita Zeit war aber auch noch sehr schön für die Jungs, auch wenn es noch ein paar „Verfehlungen“ gab. Das wurde aber nie dramatisiert, sondern vom Team gut begleitet. Kinder sind halt nicht immer brav und müssen sie auch nicht sein. 😉

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