Die Seuchen sind los

Wie es ist, in ständiger Angst zu leben, lernt man erst, wenn man ein Kind hat. Genauer: Ein Kita-Kind. Weil es dann nämlich anfängt mit den Seuchen. Weil dann die Zeit beginnt, in der man schon morgens auf dem Weg in die Betreuungseinrichtung nur an eines denken kann: Bitte, bitte, lass nicht schon wieder einen Zettel an der Tür hängen!

Diese Zettel! Bis vor einem knappen Jahr wusste ich gar nicht, dass es diese Zettel gibt und wie viel Angst ich vor ihnen entwickeln würde. Ein einfacher Zettel, nein, der wäre so allein erst mal kein Problem. Das Problem liegt darin, was drauf steht. Meistens steht vorne eine Zahl. Eine 1. Oder auch gleich eine 2. Meistens ist es aber eine 2, die vorher eine 1 war, oder eine 3, die vorher eine 2 war. Gelegentlich kann man sich wegen des ständigen Übermalens der Zahlen auch gar nicht mehr so sicher sein, bei welcher Zahl wir nun eigentlich angelangt sind.

Jedenfalls soll diese Zahl die Anzahl der Kinder bedeuten, die gerade an einer Krankheit leiden. Aktuell steht an unserer Kita-Tür: „3 Kinder aus der Sonnengruppe sind an Scharlach erkrankt“ und „2 Kinder aus der Regenbogengruppe und 1 Kind aus der Sonnengruppe sind an Ringelröteln erkrankt“.

Epidemien wandern durch die Kita

Die Dunkelziffer ist jedoch weit höher. Zuletzt waren wir die Bösewichte, die vermutlich zur aktuell grassierenden Scharlach-Epidemie beigetragen haben. Als das Hübchen nämlich vor knapp vier Wochen plötzlich hohes Fieber bekam und nichts essen wollte, dachten wir uns nichts Schlimmes. Das Hübchen bekommt schließlich gerade seine letzten Backenzähne und außerdem kommt so ein bisschen Fieber schließlich immer mal vor.

Tja, jetzt, etliche Wochen später, löst sich plötzlich die Haut an Hübchens Händen und Füßen – ein übliches spätes Scharlach-Symptom! Weil Scharlach noch drei Wochen lang ansteckend ist, war unser Kind somit nach Genesung gute zwei Wochen ansteckend in der Kita. Woher sollten wir auch wissen, dass es Scharlach ist, so ganz ohne Ausschlag (was tatsächlich häufiger vorkommt, als man so denkt)?

Inkubationszeiten aus der Hölle

Dabei ist Scharlach insgesamt noch eine von den gnädigen Kinderkrankheiten. Die Inkubationszeit, sprich, die Zeit, in der noch keine Symptome auftreten, das Kind aber schon angesteckt und ansteckend ist, beträgt mickrige 2-5 Tage. Ganz im Gegensatz zu den Ringelröteln, die es auch schon mal auf drei Monate Inkubationszeit bringen! Wollte man da sein Kind schützen, könnte man direkt mal ein Jahr kitafrei machen. Steckt sich ja eh immer mal wieder einer von diesen Rotzlöffeln beim anderen an. Im Moment finden die Kinder es zum Beispiel witzig, sich gegenseitig abzuschlecken: „Die Waschanlage kommt!“. Lustig. Außer eins der Kinder hat eine ansteckende Krankheit. Und das ist ja wie gesagt fast immer der Fall.

Gerade für eine schwangere Mutter wie mich fühlt sich die Kita dieser Tage ein bisschen an wie Russisches Roulette. Welchen Keim könnten wir uns schon morgen wieder einfangen? Ich habe ehrlich gesagt aufgehört, mir ständig Gedanken zu machen. Es nutzt ja doch nichts und die „normalen“ Kinderkrankheiten sind schließlich meist harmlos und würden auch mich und das ungeborene Baby nicht zugrunde richten, sollten wir uns was einfangen. Die meisten Krankheiten habe ich sogar selbst als Kind durchgemacht und verfüge über eine gewisse Immunität.

Wir impfen gegen schlimmere Sachen

Heute empfinde ich es sogar als Vorteil, dass ich als Baby die Masern hatte – noch bevor ich hätte geimpft werden können. Dadurch bin nicht nur ich immun, sondern auch meine Babys im ersten Lebensjahr. Genau so lange, wie es dauert, bis die Impfung gegeben werden kann. Das beruhigt mich immer sehr, weil ich ansonsten doch Angst hätte, dass mein Säugling sich im ersten Lebensjahr bei nichtgeimpften Kindern oder Erwachsenen anstecken könnte.

Was das Impfen oder Nicht-Impfen angeht, will ich hier gar nicht detailliert einsteigen, auch wenn ich durchaus betonen will, dass ich viel vom sozialen Charakter des Impfens halte (Stichwort Herdenschutz). Mir reicht prinzipiell aber schon allein der Gedanke an eine Kita-Welt voller nichtgeimpfter Kinder. Wie viele Zettel würden dann erst an der Tür hängen? Bei Epidemien von hochansteckenden und langwierigen Krankheiten wie Masern, Mumps oder Röteln könnte man die Kita dann vermutlich oft einfach komplett dicht machen. Und ich meine Berufstätigkeit an den Nagel hängen um mich 24/7 um meine bald zwei Kinder zu kümmern – irgendeins wäre dann sicher sowieso immer krank.

Die Hoffnung auf weniger Zettel an der Kita-Tür

Nee, mir reicht da schon die Winterzeit, in der das Hübchens sich einen Erkältungsvirus nach dem anderen holt – was zwar harmlos ist, aber trotzdem anstrengend. Ein stark hustendes Kind oder auch eines mit leicht erhöhter Temperatur will man ja dann doch nicht in die Kita schicken (auch wenn das Kind das meistens anders sieht und empört seine Kita-Zeit reklamiert).

Klar, jede Erkrankung macht mein Kind stärker und trainiert sein Immunsystem. Mir wäre es aber trotzdem lieber, wenn die Zettel an der Kita-Tür irgendwann mal weniger würden. Aber vielleicht muss ich mich auch einfach noch besser dran gewöhnen.

6 Kommentare zu „Die Seuchen sind los

  1. Ja diese Zettelchen kenne ich und jedes Mal grauts mir davor :-/. Bei uns steht allerdings nicht in welcher Gruppe und wieviele, sondern nur ein Datum, also ob es gerade aktuell, oder schon ein paar Tage her ist wo eine Erkrankung gemeldet wurde. Liebe Grüße, Nicole.

  2. Mama mit drei Kindern

    Ja die lieben Zettelchen an der Tür…die kenne ich auch noch….“In unserem Kindergarten ist Mundfäule aufgetreten“ Bis dahin wusste ich nicht mal was Mundfäule ist und das dies ansteckend sein kann. Meine Kinder kamen schon mit Bindehautentzündung aus der Kita nach Hause obwohl sie gesund waren und mir wurde von den Erziehern ein schlechtes Gewissen gemacht, ich hätte die Kinder schon krank in die Kita geschickt, was aber nicht der Fall war. Mein Ärger war riesengroß, nicht nur das man kranke Kinder zu Hause hat, sondern das man beschuldigt wurde, seine Kinder krank in die Kita geschickt zu haben. Später stellte sich heraus, das ein Kind die Bindehautentzündung hatte von sogenannten „bevorzugten Eltern“ und alle damit angesteckt hatte und das es nicht meine Kinder waren. Ich habe dies im Nachhinein auch noch mal im Kindergarten angesprochen und nicht auf mir sitzen gelassen.
    Ich habe die Kindergartenzeit jetzt 1 Jahr hinter mir ,mein jüngstes Kind geht in die 1.Klasse und ich traure der Zeit im Kindergarten keine einzige Minute nach! Seit meine Kinder in die Schule gehen, sind sie auch viel weniger krank!
    Lieben Gruss und einen schönen Dienstag

  3. Christine

    Ja klasse.
    Das Kind hat Fieber? Kein Problem! Kommt mal vor! Beste Idee ist es, es in die Kita zu schicken…
    Mal für 5 Meter denken wäre eine gute Idee…

    • Wenn du richtig gelesen hättest, wäre dir klar, dass das Hübchen sich eine volle Woche zuhause auskuriert hat. Plus insgesamt 2 Wochenenden. Dummerweise ist Scharlach aber insgesamt 3 Wochen nach Ausbruch der Symptome ansteckend. Merkste selbst, nä?

      • Christine

        Joa, aber DU merkst scheinbar gar nix mehr.
        Gibt ja keine Kinderärzte..
        Aber immer schön Rücksicht von anderen fordern, während man sich selber wie die Axt im Walde aufführt.

        • Luca

          Ich verstehe die Aufregung nicht! Man muss doch nicht bei jeder Kleinigkeit zum Arzt!

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