Die Einsamkeit der berufstätigen Mutter

Es ist eine sehr versteckte Einsamkeit weil sie durch den dauernden Mangel an Zeit selten richtig deutlich wird. Wenn ich morgens schon einen strengen Zeitplan einhalten muss, mich am späten Nachmittag zur Tagesmutter spute, abends schnell noch was Frisches kochen will und das Tagesende mit Bücher vorlesen verbringe, dann ist so ein Tag reichlich vollgepackt. Und weil ich zu den glücklichen Frauen gehöre, die einen tollen Mann haben, bin ich abends, wenn das Kind im Bett ist, immerhin nicht allein. Und trotzdem merke ich manchmal, wie sie sich still und heimlich anschleicht: die Einsamkeit der berufstätigen Mutter.

Denn als arbeitende Kleinkindmutter ist es nicht leicht, Anschluss an andere Mütter zu finden. Stillgruppen und Tragetreffs? Richten sich an Mütter in Elternzeit und finden selbstverständlich vormittags statt – da sind die Kinder meist auch besser gelaunt. Spielgruppen und Eltern-Kind-Sportangebote? Liegen oft in jenen Nachmittagsstunden, in denen ich gerade erst den Laptop zuklappe und mich mal mehr, mal weniger gehetzt aufs Fahrrad schwinge um meinen Sohn aus der Betreuung abzuholen. 

Sogar bei privaten Treffen bin ich als berufstätige Mutter meist außen vor. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Einladung zu einem Nachtreffen meines Geburtsvorbereitungskurses. Vorgeschlagene Termine: Montag bis Freitag, jeweils um 14 Uhr. Das macht Sinn, da die Mehrheit der anderen Mütter auch zwei Jahre nach der Geburt unserer Kinder noch gar nicht oder nur stundenweise wieder arbeitet. Für mich sind solche frühen Termine aber ein Ausschlusskriterium: Während die anderen Frauen gemeinsam Kaffee trinken, sitze ich noch am Schreibtisch.

Mit mehr als 20 Wochenstunden bin ich die Ausnahme

Meiner Erfahrung nach ist es eben einfach so: Als Kleinkindmutter, die mehr als 20 oder 25 Stunden pro Woche arbeitet, bin ich eine Ausnahme, vielleicht sogar eine Exotin. Und ich kann auch völlig verstehen, dass da nicht alle auf mich Rücksicht nehmen können. Regelmäßige Spielgruppen in den Abendstunden oder am Wochenende zu veranstalten, wäre auch irgendwie eine eher merkwürdige Idee.

Ein bisschen habe ich mich daher einfach damit abgefunden, dass ich an solchen Dingen nicht teilnehmen kann. Dafür habe ich eben meinen Job, nette Arbeitskollegen, ein eigenes Einkommen. Mein Leben ist wirklich voll, manchmal zu voll, und fast immer wünsche ich mir ein bisschen mehr Zeit für mein Kind, und oftmals auch für mich allein oder für den Mann.

Kaum Kontakte außerhalb von Job und Familie

Und trotzdem schleicht sie sich manchmal an und überrascht mich in meiner Geschäftigkeit. Dann kommt die Einsamkeit und zeigt mir, dass außer Arbeit, Kind und Mann gerade kaum jemand in meinem Leben vorkommt.

Zeit für alte Freunde oder Familienbesuch bleibt an den Wochenenden, aber Zeit für neue Bekanntschaften gibt es nicht, dabei wäre gerade das so wichtig. Ein kleines Netzwerk aus anderen Eltern mit kleinen Kindern, die uns unterstützen könnten und wir sie – zum Beispiel später, wenn mal wieder die Kita streikt. Oder die wir spontan anrufen könnten, samstags morgens wenn die Sonne scheint, um zusammen einen schnellen Ausflug in den Park zu unternehmen. Das wäre schön.

Gibt es Netzwerke für Eltern mit Job?

Leider bin ich ziemlich ratlos, woher solche neuen Kontakte kommen sollen, wenn ich von morgens bis abends zu tun und keine Zeit für Spielgruppe und Co. habe. Gibt es ein Netzwerk von berufstätigen Müttern, die sich abends ohne ihre Kinder treffen? Oder eine Gruppe berufstätiger Väter, die sich alle vier Wochen am Wochenende auf dem Matschspielplatz versammelt? Ich habe keine Ahnung.

Meistens entwickeln sich solche Netzwerke ja irgendwie automatisch. Man kennt sich schon von früher, dann kriegen alle nach und nach Kinder, bleiben befreundet und unterstützen sich als Familien. Wenn das aktuelle Netzwerk jedoch aus lauter Kinderlosen besteht oder man erst vor kurzem in eine neue Stadt gezogen ist, wird dieses Prinzip schmerzhaft ausgehebelt.

Ein Leben als berufstätige Mutter kann also schon mal ganz schön isolieren. Wenn ich mit dem Rad durch den Park zur Arbeit fahre, sehe ich manchmal Grüppchen von Frühaufsteher-Müttern mit ihren Kindern. Auch wenn mein Sohn und ich wohl niemals zu diesen frühen Vögeln gehören würden, schaue ich hin und wieder ein bisschen wehmütig da rüber. Und dann gucke ich auf die Uhr, bin schon wieder spät dran und vergesse den Moment. Denn zum Glück habe ich eigentlich gar keine Zeit zum einsam sein.

9 Kommentare zu „Die Einsamkeit der berufstätigen Mutter

  1. Sarah

    Ein toller Beitrag, den ich eben in der aktuellen Brigitte Mom gelesen habe. Und ich kann jedes Wort dazu bestätigen.
    Es geht mir genau so. Jetzt, da ich zum zweiten Mal schwanger bin und einem zweiten Elternzeitjahr entgegensehe, hoffe ich, genug Kontakte in dieser Zeit in der „neuen“ Stadt auszubauen, so dass diese auch dann noch vorhanden sind, wenn ich wieder arbeiten gehe.

    • Hallo Sarah, das freut mich ja besonders dass du über die Brigitte Mom hergefunden hast! Offline trifft online sozusagen. ?

      Aus meiner Erfahrung kann ich dir für deine kommende Elternzeit leider nicht so viel Mut machen. Meine Kontakte aus der Zeit haben sich alle verloren als ich wieder arbeiten ging. Der Zusammenhalt zwischen lauter „Hausfrauen“ war einfach größer. Nicht weil die anderen Mütter intolerant gewesen wären sondern schlicht weil sie einfach viel mehr Zeit gemeinsam verbracht haben und ich nur noch sehr selten konnte. Dafür habe ich ganz gezielt den Kontakt zu einer Freundin gehalten und wir sind seitdem gut befreundet. Es lohnt sich vielleicht oft, sich auf die richtigen Leute zu konzentrieren anstatt auf Masse zu gehen. ?

      Ich wünsche dir eine schöne kommende Elternzeit!

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  4. Juli

    Hallo,

    ich habe diesen Artikel von einer netten Kollegin geschickt bekommen, die ihn über Edition F gefunden hatte und dabei an mich dachte. Ich habe mich nämlich neulich mit ihr genau darüber unterhalten: dass ich außer Aufstehen-Arbeit-Kita-Zuhause-Schlafen nicht wirklich viel Zeit für andere Sachen habe. (Keine Familie oder lange Freunde hier in der Stadt, in der wir erst seit ein paar Jahren wohnen) Ich habe zwar relativ flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, ab und an Home Office zu machen aber da mein Mann in Schichten arbeitet, erschwert regelmäßige Treffen noch zusätzlich. Wenn sich dann die anderen Mütter in den Whatsapp-Gruppen für Vormittags oder den frühen Nachmittag verabreden und ich nicht kann, Kollegen sich zu After-Work-Events treffen und ich daheim sitze oder ich andere Mütter/Frauengruppen zusammen in Cafès oder Parks sitzen sehe, dann werde auch ich wehmütig. Ich hatte vorher an meinen anderen Wohnorten immer viele Freunde und ein reges Leben mit Aktivitäten wie Chor oder Sport aber jetzt fehlt mir, selbst bei gutem Willen und Top-Organisation, schlichtweg die Zeit. Und die Arbeitszeit kann ich nicht reduzieren, da wir das Gehalt brauchen. Deswegen sprach mir der Artikel aus dem Herzen, vielen Dank

  5. Lena

    Dieser Artikel trifft genau den Punkt. Danke dafür!
    Ein Minimum an sozialen Kontakten ist schon möglich, aber man muss echt am Ball bleiben und oft spielt auch Glück eine Tolle.
    Beim Kindergarten meiner Tochter kann man auch schön beobachten, wie unterschiedlich die Lebensentwürfe der Eltern sind. Und bei den Eltern der Ganztagsschule finden nicht soo viele Gespräche statt (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel)

  6. Sako

    Hallo, sollte nochmal jemand diesen älteren Bericht lesen, dann möchte ich euch Mut machen. Alles hat seine Zeit, auch wenn man, wenn die Kinder klein, sind mit diesem Satz absolut nichts anfangen kann. Meine sind jetzt 12 und 14 und so langsam habe ich wieder ein eigenes Leben. Ich habe auf 30 Stunden aufgestockt im Job und jetzt kaum noch Freizeit. Aber ich lerne jetzt doch wieder Frauen kennen, die sich neu vernetzten wollen ……..es geht leider nicht alles auf einmal.

  7. Maja

    Alles auf einmal klappt eher nicht – nacheinander klappt jedoch viel mehr!
    Ich stelle mir bei solchen zu meisternden Situationen gerne die Sterbebett-Frage.
    Hier z.B.: „Werde ich mich auf dem Sterbebett glücklich erfüllt vom Leben verabschieden mit Erinnerungen an meine Tätigkeit im Office oder mit Erinnerungen an die Zeit und Erlebnisse mit meinen liebsten Menschen?“

    Was mich stets ein wenig wundert: Regelmäßig kann man Artikel finden (auch schon 2015), wo über Verkürzung der Arbeitszeit, 4-Tage-Woche, Sabbatical etc. geschrieben wird: Warum fühlen sich solche Themen so weit weg an, wenn man Artikel über berufstätige Mütter liest?
    Warum machen sich berufstätige Mütter, die dennoch gerne ihrem Beruf nachgehen, solch aktuelle Themen nicht zu eigen?
    Klar, im individuellen Fall kann es nicht mit Tätigkeit, Arbeitgeber etc. zusammen passen. Aber in den Artikeln fehlt mir schlechthin die Auseinandersetzung damit. Es wird meist nur in einem Nebensatz abgehandelt, dass es einfach nicht passt.
    Mich würde vielmehr interessieren, was alles erfolglos versucht wurde, um es passend zu machen.
    Mir drängt sich manchmal latent der Eindruck auf, dass nicht genug versucht wurde. Es zu sehr Mühe machte. Oder einfach zu wenig Lebenserfahrung vorhanden ist, um zu erkennen, dass man selbst in bester Position austauschbar ist. Aber damit kann ich ja völlig falsch liegen!

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