Betreff: Benehmen mangelhaft

Heute war ein Tag zum reihern, anders kann man es leider nicht ausdrücken. Für meine Mama-Performance hätte ich mir heute eine glatte Abmahnung verdient. Zum Glück, oder leider, bin ich als Mutter ja aber mein eigene Chefin. Und der haben die Kinder heute deutlich zu verstehen gegeben, was sie von ihr halten: Gar nix! Wobei es hier erlaubt sein sollte, zu fragen: Wer war denn wohl zuerst da, die Henne oder das Ei?

An den meisten Tagen finde ich hier drauf keine Antwort. Typische Henne Ei Problematik eben. Stehe ich schon mit schlechter Laune auf (Zyklus, ick hör dir trapsen), oder ist es doch der erste Geschwisterstreit, der mein Stresslevel ein bisschen plötzlich und von 0 auf 100 hochfährt?

Was den Stresspegel hier gerade außerdem massiv erhöht, ist das Zuhausebleiben zweier Kinder. Der Grund: eine, bzw. eher zwei triviale Rotznasen. Danke, Corona. Die Lehrerin betonte im Gespräch extra noch mal, dass Kinder mit Schnupfen leider nicht in die Schule kommen dürfen. Schnief.

Also klar, ich verstehe das. Vorsicht ist besser als Lockdown.
Andererseits: AAAAHHHHH!!!

Abmahnung für Mutti

Wenn das nun den ganzen Winter so weitergeht, muss ich mir wohl irgendwann selbst die Abmahnung schreiben. Vielleicht schreib ich aber auch erst eine an meine Kinder. Betreff: Mangelhaftes Benehmen. Denn ernsthaft: Hier läuft es gerade so gar nicht rund.

Das Räupchen ist in der Phase: Ich schreie einfach so laut wie ich kann, dann krieg ich schon, was ich will (oder Mama kommt und hilft mir, denn, Punkt 2 folgt jetzt:), das Hübchen hat entdeckt, wie viel Spaß es machen kann, die kleine Schwester zu ärgern. Die kreischt dann nämlich immer so schön ohrenbetäubend. Und weil das Hübchen ein ausgesprochener Freund großer Lautstärke ist, stört ihn das wenig bis gar nicht. Während wir…

Ja, wir würden uns manchmal am liebsten nur noch aus dem Fenster stürzen. Was etwas wirkungslos wäre, da Lage Hochparterre. Aber vielleicht würde es für eine leichte Fußverstauchung reichen, wegen derer man sich wirklich nicht bewegen könnte und sich eine kleine Pause im Blumenbeet verdient hätte. Schön wäre das schon. Machen wir dann aber halt doch nicht.

Immerhin: Dem Liebsten geht’s genauso

Was mich ja gerade wahnsinnig beruhigt, ist, dass ich hier durchgängig von „wir“ schreiben kann. Denn der Liebste, der doch eigentlich immer die deutlich stärkeren Nerven besitzt, ist hier mittlerweile auch oft richtig am Limit. So sehr, dass es auch schon mal richtig Verkehrte-Welt-mäßig zugeht und ich ihn bitten muss, doch vielleicht nicht direkt ganz so streng zu sein.

Denn wir ertappen uns aktuell ziemlich oft dabei, wie wir sofort auf 180 sind. Einfach weil die beiden süßen Kinderchen es auch gewohnheitsmäßig direkt von 0 auf 180 eskalieren lassen. Zwischenschritte gibt es irgendwie nicht mehr. Haben sie gerade noch friedlich mit-, oder zumindest nebeneinander gespielt, gehen sie sich im nächsten Augenblick schon mit unerbittlicher Gewalt an die Gurgel. So schön, diese Geschwisterliebe.

Einziges Motto: Überleben

Heute jedenfalls war wieder so ein Tag, den ich im Grunde einfach nur irgendwie überleben wollte. Das hat auch gut geklappt. Ich lebe noch, die Kinder sogar auch. Der Rest war dann so mittel. Fies dabei war, dass ich mich heute oft wie von außen beobachten konnte. Auf dem Weg zum Einkaufen, auf dem Rückweg von der Bibliothek, beim Überqueren der großen Kreuzung. Mein Ton: Genervt. Meine Ansagen: Grob. Mein Aussehen: Wahrscheinlich irgendwo zwischen Gundel Gaukeley und Frau Malzahn.

Die Blicke einer anderen Mutter (mit Einzelkind, war ja klar), als ich das Hübchen mit klaren und lauten Worten schon mal vor die Bibliothekstür geschickt habe, weil er einfach nicht aufhören wollte, die kleine Schwester zu ärgern? Muss ich hier wohl nicht beschreiben. Könnt ihr euch vorstellen, dafür braucht man nicht viel Phantasie.

Keine familiäre Glanzperformance

Ja, Mann, ich weiß es ja auch. Das war hier heute keine erzieherische Glanzleistung. War es die ganzen letzten Wochen nicht, weder von mir noch vom Mann. Aber mal ehrlich: Das ist hier auch gerade keine familiäre Glanzperformance der Kinder. Die sind nämlich gerade vor allem mit sich selbst beschäftigt, die kleinen Egomanen.

Und das dürfen sie gerade auch.

Die beiden meistern nämlich gerade Erstaunliches: Haben den Übergang in Kita und Schule quasi mit Links gewuppt, behaupten sich im neuen Umfeld absolut großartig und haben dort einen riesigen sozialen Sprung gemacht. Wir sind unfassbar stolz auf diese beiden kleine Helden.  Gleichzeitig sind wir aber unglaublich erschöpft mit der Situation in unserer Familie. Denn hier entlädt sich die ganze Spannung, wir Eltern kriegen es mal wieder ab, volle Kanne. Keine Kooperation, nirgends. Es. Ist. So. Anstrengend.

Insofern ist es vielleicht verständlich, dass meine Mama-Performance gerade nicht so richtig Oscar-reif ist. Ich mogel mich jetzt erst mal irgendwie durch. Und passe dabei auf, dass der harte Ton sich nicht einschleift. Weder der von uns Eltern, noch der zwischen den Geschwistern. Denn klar ist: Als Dauerzustand taugt das nicht. Aber wird schon wieder.

5 Kommentare zu „Betreff: Benehmen mangelhaft

  1. Sophie

    Danke!
    Für deine Ehrlichkeit und deine offenen Worte. Ich finde es sehr mutig von dir an dieser Stelle eure Situation nicht geschönt darzustellen.
    Ich laufe gerade mit EINEM Einzel-Kita-Kind auf dem täglich dünner werdenden Zahnfleisch. Das Ratgeberregal der örtlichen Bibliothek lächelt mich an, wenn ich die Kindermedien tausche. „Komm, lies, erkenne“ – ja, schönen dank auch. Nur anwenden können ist dann einfach nochmal eine ganz andere Baustelle.
    Ich mogle mich also auch weiter durch.
    Ich hoffe, dass du recht hast. Das es vorbei geht. Bitte, hab recht!

    • Ja, es geht immer vorbei. Spätestens wenn sie 18 sind und ausziehen. 😉 Nein im Ernst: hier war die letzte Woche schon deutlich entspannter als die Wochen davor. Beide Kinder sind jetzt gut in Schule und Kita angekommen und langsam spielt sich alles ein. Jede anstrengende Phase geht auch wieder vorbei.

      Danke dir sehr für deinen Kommentar, denn wie du an einem anderen Kommentar unter diesem Text siehst, macht man sich durchaus angreifbar, wenn man über elterliche Schwächen schreibt. 😉

      Das Ratgeberregal ist sicher eine gute Anlaufstelle, aber an der eigenen Toleranzgrenze muss man halt leider selber arbeiten. 🙄😆 Manchen Menschen fällt das naturgemäß oder aufgrund ihrer früheren Erfahrungen leicht, für andere ist es sehr schwer. Ich finde, dass man durchaus auch über die Schwierigkeiten schreiben sollte. Wie falsch würde man sich sonst als Elternteil fühlen, wenn man denken würde: ich bin die einzige die es nicht hinkriegt! Nö, das bist du nicht!

      Blöd wäre halt, von den Schwächen anderer zu lesen und sich zu denken: cool, dann kann ich ja so weiter machen. Aber an fast allen Kommentaren unter solchen Texten sieht man, dass es genau so nicht ist. Wir setzen uns damit auseinander, wir versuchen jeden Tag, bessere Eltern zu sein, als am Tag davor. Sich Schwächen einzugestehen ist ja auch immer der erste Schritt, um daran zu arbeiten.

  2. Hallo Sophie,

    ich hatte gestern auch solch einen Tag und danke dir für deinen Beitrag. Es ist gut zu Wissen das man nicht alleine ist. Jeden Tag aufs neue benötigt man immer wieder Geduld und neue Motivation.
    Liebe Grüße
    Nadine

  3. Lotte

    „Was mich ja gerade wahnsinnig beruhigt, ist, dass ich hier durchgängig von „wir“ schreiben kann. Denn der Liebste, der doch eigentlich immer die deutlich stärkeren Nerven besitzt, ist hier mittlerweile auch oft richtig am Limit“
    Das hört sich ja fast so an, als wärst du erleichtert, dass ihr beide die Kontrolle verliert?

    • Liebe Lotte, ich habe meinen Text gerade noch mal kurz überflogen, aber kann die Stelle nicht finden. Wo liest du raus, dass jemand die Kontrolle verliert?

      In unserer Familie ist es so, dass wir uns bemühen, die Bedürfnisse eines jeden Familienmitgliedes zu respektieren und möglichst zu erfüllen. In den letzten Wochen gab es eine starke Verschiebung: die Bedürfnisse der Kinder waren, aus verständlichen Gründen, plötzlich viel größer. Das war sehr anstrengend und deswegen konnten wir nicht immer so zugewandt reagieren, wie wir es uns gewünscht hätten.

      Heißt also auch mal: klare Ansagen statt langem erklären oder schlichten (wie die beschriebene Situation in der Bibliothek), das Zimmer verlassen statt das Kind in seiner Wut begleiten. Solche Situationen sind das. Und klar, manchmal wird eine*r von uns laut, das kann dann zum Glück der/die andere gut auffangen und sich kümmern. Ich bin gerade sehr froh, nicht alleine für zwei Kinder verantwortlich zu sein. 😅

      Und darum ging es mir auch in dem Kommentar, den du so seltsam findest: Ich bin erleichtert, dass es nicht nur meine subjektive hochsensible Wahrnehmung ist, dass die Kinder gerade krasser drauf sind als sonst, sondern dass mein Mann das genauso empfindet. Das zeigt: es ist einfach eine besonders herausfordernde Phase. Aber die schaffen wir auch noch, so wie wir die diversen Phasen davor gemeistert haben. Kennst du wahrscheinlich, wenn du auch Kinder hast. 😉

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