Auftakt zur Serie „Schmerzfrei Stillen“ – Warum sich den Stress überhaupt antun?

Da lieg ich also letztens mit meiner allerersten Brustentzündung im Bett und denke mir: Welcher Zeitpunkt könnte besser passen, um über Stillprobleme zu schreiben? Ich habe ja nun schon einiges erlebt: Zwei Kinder sehr gerne gestillt, eins davon sehr lange. Jetzt stille ich das dritte Baby und wieder erlebe ich so einige Startprobleme, manche davon sind ganz neu für mich. Das Gute ist: Ich habe jetzt so einige Erfahrungen, die ich gerne mit dir teilen will – damit du es vielleicht etwas leichter hast!

Ja, auch beim dritten Mal quäle ich mich ziemlich durch die ersten Wochen und Monate. Ehrlich gesagt ist es diesmal sogar noch komplizierter als bei den beiden Babys davor. Zu den Gründen komme ich in dieser Themenreihe noch. Trotzdem halte ich auch diesmal durch. Warum? Weil ich um die Vorteile der Muttermilch weiß und sie meinem Kind nicht vorenthalten will – selbst wenn das für mich erst mal mit Schmerzen und einigem Aufwand verbunden ist.

Immerhin weiß ich aus der Erfahrung mit meinen ersten beiden Kindern und den Berichten anderer Frauen: Die Schmerzen vergehen. Manchmal schneller, manchmal langsamer. Aber sie vergehen in fast allen Fällen. Daher lohnt sich das Durchhalten für die meisten von uns! Und mit meinen Tipps, die ich in dieser Artikelreihe mit dir teilen will, kannst du aktiv etwas tun, um den Stillstart zu erleichtern und hoffentlich weniger Schmerzen zu erleiden.

Dauerhaft unter Schmerzen stillen? Nein!

Trotzdem ist mir wichtig: Wer nicht durchhält, ist keine Versagerin! Ich weiß selbst, wie schlimm schmerzhaftes Stillen sein kann. Ich halte nun seit über sechs Wochen durch, es wird langsam besser – aber sollte ich diesmal auf Dauer nicht schmerzfrei stillen können, werde ich abstillen. Immerhin bin ich auch als Mutter noch ein Mensch, der ein Recht auf ein schmerzfreies Leben hat. Und zum Glück haben wir in diesem Land Zugang zu guter Milchnahrung oder auch zu Milchpumpen und können unsere Babys auch mit Fläschchen sehr gut ernähren.

Tatsächlich gibt es Fälle, in denen schmerzfreies Stillen nicht möglich ist. Das kann an Besonderheiten bei der Mutter (Vasospasmus, Renaud-Syndrom, besonders geformte Brustwarzen u.a.) oder auch beim Baby liegen (Besonderheiten im Kiefer, zu kurze Lippen- oder Zungenbändchen u.a.). Schmerzen beim Stillen solltest du am besten mit einer Expertin besprechen. Ich empfehle ausgebildete Stillberaterinnen, weil nicht alle Hebammen sich besonders gut mit Stillproblemen auskennen.

Wenn sich eine Ursache für die Schmerzen finden lässt – umso besser! Dann kannst du versuchen, sie zu beheben. Wenn das nicht geht, halte ich Abstillen bei anhaltenden Schmerzen für eine sehr sinnvolle Option. Mir selbst hat es immer gut getan und tut es auch jetzt gut, diese Option im Hinterkopf zu haben, sollte ich die Schmerzen nicht in den Griff bekommen.

Oft hilft auch einfach eins: Durchhalten!

Ansonsten kann ich aus meiner Erfahrung nur sagen: Oft hilft auch einfach durchhalten! Und wenn das Stillen dann schmerzfrei klappt, gibt es kaum etwas schöneres. Das eigene Baby mit der eigenen Milch kugelrund zu füttern ist schon etwas sehr besonderes. Und vor allem: Besonders gesund.

Ich habe hier mal einige Fakten gesammelt, die dich vielleicht zum Durchhalten bewegen können, wenn du schon überlegst, das Stillen lieber wieder zu lassen. Mir helfen diese Fakten jedenfalls sehr, um mich vom Weiterstillen zu überzeugen – so lange, bis es dann hoffentlich wieder gänzlich schmerzfrei und wie von allein klappt.

Gesundheitliche Vorteile fürs Baby

Der für mich wichtigste Fakt ist: Muttermilch ist quasi eine reine Wunderernährung für mein Baby. Nee, mir geht es hier echt nicht im Romantisierung und Überhöhung dieser Milch, sondern allein um wissenschaftliche Fakten. Die besagen nämlich:

  • Muttermilch versorgt das Baby mit dem „Nestschutz„, der das Neugeborene mindestens drei Monate nach der Geburt mit einem Antikörper-Mix gegen die meisten Infekte versorgt, die die Mutter bereits durchgemacht hat.
  • Muttermilch ist besonders hilfreich für die Entwicklung des Immunsystems. Heute weiß man, das eine gesunde Darmaktivität besonders wichtig für das Immunsystem ist. Muttermilch hilft dem Baby, eine gesunde Darmflora zu entwickeln. (Empfehlung hierzu: Die Arte-Doku „Wunder Muttermilch“)
  • Muttermilch wirkt antibakteriell und hemmt z.B. das Wachstum des Darmbakteriums Escherichia coli ( E. coli) und sogar von multirestistenten MRSA Keimen. In einer Studie konnte auch nachgewiesen werden, dass Muttermilch Lungenentzündungen und Meningitis (Gehirnhautentzündung) bei Säuglingen vorbeugt.
  • Stillen beugt Übergewicht im Kindes- und Erwachsenenalter vor (und damit auch den Folgeerkrankungen Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes u.a.). Hier gibt es zahlreiche positive Studien, die bis in die 1980er Jahre zurückgehen.
  • Stillen soll das Risiko von allergischen Erkrankungen und Asthma senken (die Studien sind sich hier jedoch nicht ganz einig).
  • Nicht zuletzt ist Stillen die verträglichste Ernährung für Säuglinge und Kleinkinder, die stets die optimale Nährstoffzusammensetzung hat. Die Muttermilch passt sich auf geradezu mysteriöse Art und Weise immer genau dem Bedarf des Babys an – nicht nur in ihrer Menge, sondern auch in ihrer Zusammensetzung und ist damit z.B. mal fett- und mal wasserhaltiger oder besonders reich an Antikörpern und Immunstoffen. Das kann nun wirklich keine Pre-Milch!

Ich finde diese Fakten immer wieder aufs Neue erstaunlich – und frage mich leider, ob es mir heute gesundheitlich besser gehen würde, wenn meine Mama mich gestillt hätte. Wie so viele 80er-Jahre-Kinder wurde ich nicht gestillt. Stillberaterinnen gab es damals noch nicht und der einfachste Weg bei Stillproblemen war halt Ersatzmilch aus der Flasche.

Mein Problem seit früher Kindheit ist ein sehr instabiles Magen-Darm-System, weshalb ich mich sehr für den wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich Mikrobiom im Darm interessiere. Und Muttermilch scheint für dessen Aufbau eine wichtige Rolle zu spielen! Schon allein dafür stille ich meine Kinder gerne. Vielleicht kann ich ihnen so helfen, später nicht unter denselben gesundheitlichen Problemen zu leiden wie ich.

Gesundheitliche Vorteile für die stillende Mutter

Spannend ist aber auch: Nicht nur mein Baby hat einen Vorteil vom Stillen. Die Forschung ist sich heute sicher, dass auch stillende Mütter profitieren können. Hier kommen die Fakten:

  • Kurz nach der Geburt unterstützt das Stillen die natürliche Rückbildung. Die Gebärmutter zieht sich schneller zusammen und die Blutung wird schneller reduziert.
  • Das während des Stillens ausgeschüttete Hormon Oxytocin erleichtert den Bindungsaufbau zum Baby und wirkt gegen Stress. Stillende Frauen sind dadurch womöglich entspannter. Wochenbettdepressionen kommen unter stillenden Müttern tatsächlich seltener vor.
  • Stillen senkt das Krebsrisiko bei Frauen, v.a. in Bezug auf Brustkrebs, was die häufigste Krebsart unter Frauen ist.
  • Auch das Risiko für Osteoporose und rheumatoide Arthritis nach den Wechseljahren wird gesenkt.
  • Stillen schützt vor Typ II Diabetes (laut Studie sinkt das Risiko um 40 Prozent)

Praktische Vorteile des Stillens

Mal fernab von allen wissenschaftlichen Fakten ist Stillen letztlich auch einfach enorm praktisch. Ich habe bei meinen Kindern beide Erfahrungen gemacht: Meine erstes Kind habe ich nach ca. sieben Monaten abgestillt und dann mit der Flasche weiter Pre-Milch gefüttert. Mein zweites Kind habe ich bis über den dritten Geburtstag hinaus gestillt. Beides hat jeweils prima in unsere jeweilige Familiensituation gepasst.

Beim zweiten Kind fand ich es aber enorm praktisch, mir auch im fortgeschrittenen Babyalter nie Gedanken über Fläschchen, die richtige Trinktemperatur, Thermosflaschen oder die richtige Säuglingsnahrung machen zu müssen. Als stillende Mutter hat man die Nahrung fürs Baby immer dabei – in der genau richtigen Temperatur und in immer passender Menge. Das macht den Alltag für mich viel entspannter, und Ausflüge erst recht!

Stillen ist außerdem kostenlos und hygienisch. Zeitraubendes Fläschchen auskochen entfällt und teuer wird es nur dann, wenn du als stillende Mama so verfressen bist wie ich und immer doppelte Portionen von jeder Mahlzeit brauchst. Apropos verfressen: Für mich ist es auch ein schöner Vorteil, dass ich während des Stillens essen kann wie ein Scheunendrescher und dabei sogar noch abnehme. Klar, das geht nicht allen Frauen so. Grundsätzlich hilft Stillen aber oft dabei, schneller wieder zu einem halbwegs vorgeburtlichen Körper zurückzufinden.

Ausblick auf die Themenreihe

So, das war es erst mal mit der Lobhudelei auf die Muttermilch. In den kommenden Artikeln zu dieser kleinen Serie will ich meine Erfahrungen mit dir teilen: Was lindert den oftmals schmerzhaften Milcheinschuss? Was kannst du bei wunden Brustwarzen tun? Und welche Hilfemöglichkeiten gibt es, wenn das Stillen auch nach mehreren Wochen oder gar Monaten immer noch nicht schmerzfrei klappt?

Hast du selbst eine zeitlang unter Schmerzen gestillt? Was hat dich zum Durchhalten bewogen oder hast du deswegen früher abgestillt als geplant? Was hat dir evtl. geholfen, die Schmerzen zu lindern? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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