Die Schlaf-Chroniken

Achtung, dies ist eine Durchsage – ich betone: Dies ist eine echte Durchsage und ausdrücklich kein Unkenruf! Denn diesmal bin ich mir absolut sicher: Wir haben es geschafft und zwar für immer. Die Durchsage des Tages, der Woche, ach was, des gesamten Jahres lautet: Das Hübchen schläft durch!

Mein fast viereinhalbjähriger Sohn schläft endlich, endlich durch. Und zwar nicht nur aus Versehen einmal alle fünf bis acht Wochen, wie es bis vor kurzem gelegentlich vorkam. Sondern ziemlich verlässlich, seit ca. drei Wochen so gut wie jede Nacht. Ob das vielleicht am guten Hustensaft liegen könnte, den das Kind abends immer bekommt? Nein Quatsch, hier bekommt keiner Hustensaft, in akuten Fällen muss bei uns ein Löffel Honig reichen. Und dass ein Kind davon besser geschlafen hätte, ist mir nicht bekannt.

Jedenfalls schläft der Sohn plötzlich ganze Nächte durch. Tief und fest und am Morgen ist er ganz begeistert von sich selbst und seinen neu erworbenen Sleeping-Skills: Wie schnell so eine Nacht vorbei sein kann, wenn man sie quasi gar nicht bemerkt!

Was für ein kaum mehr erwartetes Glück das für uns Eltern bedeutet, können vermutlich viele von euch gut nachvollziehen – jedenfalls die unter euch, die ebenfalls richtige Schlechtschlafkinder hatten. Und denen, die sich immer noch mit ihren dauernd aufwachenden Murmeltieren herumplagen, möchte ich mit diesem Text mutmachen. Denn: egal wie anstrengend es zeitweise sein mag – erstens wird es zumindest temporär immer mal wieder besser und zweitens ist es irgendwann ganz überstanden.

Ich nutze diesen glücklichen Moment, meine wache Laune und den ausgeschlafenen Geist um die Odyssee der letzten Jahre noch mal festzuhalten.

Phase 1: Gestatten, Hübchen, neugeboren und anspruchsvoll

Als absolutes Greenhorn stellte ich mir die Anfangszeit mit Baby eigentlich ganz einfach vor: Babys schlafen schließlich viel, heißt es immer. Wir kauften also ein schönes Babybett, schraubten noch Rollen darunter, damit das Baby immer in unserer Nähe schlafen könnte, und legten das Hübchen bald nach seiner Geburt zum ersten Mal hinein. Was mir jedoch keiner gesagt hatte: Manche Babys sind nicht so einfach gestrickt, dass sie es akzeptieren würden, alleine zu schlafen. Unseres jedenfalls protestierte schnell und lautstark, sobald man es überhaupt mal weglegte.

Bald pfiff ich also auf ärztliche Ratschläge, die vor plötzlichem Kindstod warnend nur das sichere Babybett als Einschlaf- und Durchschlafort empfahlen. Das Baby-Hübchen schlief also auf mir, neben mir, immer an mir dran. Wenigstens schlief es dann überhaupt – und ich immerhin auch, zumindest ein kleines bisschen. So richtig erholsam ist der Schlaf mit einem Neugeborenen am Körper nämlich natürlich auch nicht.

Phase 2: Baby-Hübchen will nicht schlafen

Das Hübchen war ja ein sehr fertiges Kind, als es zur Welt kam. Das merkte man nicht nur an seinen stattlichen Startmaßen, sondern auch an seinem Verhalten. Im Rückblick denke ich oft, dass mein Hübchen eigentlich nie so ein richtiges Baby war. Erst mit dem Räupchen kam ich in den Genuss eines richtig kleinen, ganz viel schlafenden Babys, das erst mal in der neuen Welt ankommen musste. Das Hübchen war mehr so Typ „Bin da, kann losgehen!“.

Seine Spezialität: Power-Naps von höchstens 30 Minuten, in denen er Kraft für neue Abenteuer sammelte. Am liebsten hielt er diese in Trage oder Tragetuch ab. Denn das Baby überhaupt zum Einschlafen zu bewegen, war schon gar nicht so leicht – das ging nah am Körper immer noch am besten. 30 Minuten Speed-Nickerchen reichten dem Baby, um fit für die nächsten Stunden zu sein. Mir reichte das oft gerade mal, um drei Mal tief durchzuatmen und den nächsten Kaffee zu inhalieren.

Ich weiß noch, wie ich damals verzweifelt nach Ratschlägen googelte und sogar in Foren mitlas: Was könnte ich tun, damit mein Baby auch tagsüber längere Schläfchen hielte? Mehr Struktur, las ich immer wieder. Weniger unternehmen, mehr Zuhause bleiben, stets dieselben Tagesabläufe planen. Was ich niemals las: Manche Babys sind halt so. Versuche, es zu überstehen, es wird nicht für immer so bleiben! Diesen Rat hätte ich wohl am meisten gebraucht. Stattdessen ärgerte ich mich über diese unpraktikablen „Mehr-Struktur“-Tipps. Schließlich war mir eh schon dauernd langweilig – da würde ich mir meine Tage mit Baby doch nicht freiwillig noch eintöniger gestalten!

Ich lebte also irgendwie mit meinem Schlechtschlaf-Baby, ging viel spazieren, genoss wenigstens die kurzen Nickerchen und erfreute mich ansonsten an einem überaus gut gelaunten und aufgeweckten Söhnchen, das offenbar ganz zufrieden mit seinen Powernaps war. Außerdem war zumindest der Nachtschlaf recht erholsam: Das Hübchen wollte zwar alle zwei bis drei Stunden gestillt werden, schlief dann aber schnell wieder ein. Damit konnte ich sehr gut leben (und kann es aktuell auch beim Räupchen, die genau dasselbe nächtliche Schlafverhalten zeigt).

Phase 3: Kleinkind-Hübchen macht Mittagsschlaf!

Als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, passierte etwas unwahrscheinliches: Mit etwa eineinhalb Jahren fing das Hübchen plötzlich an, lange Mittagsschläfchen zu machen! Unter der Woche schlief er mittags bei seiner Tagesmutter. Aber auch am Wochenende ratzte er regelmäßig seine guten zwei Stunden weg, sodass wir jetzt tatsächlich manchmal anfingen, unsere Freizeit um seine Schlafgewohnheiten herumzuplanen.

Leider wurde der Nachtschlaf nicht gleichzeitig besser. Das Hübchen bekam bis er etwa zwei war auch nachts noch ein kleines Fläschchen Milch, weil das oft das einzige war, was uns rettete indem es das Kind endlich zum Weiterschlafen bewegte. Später schlichen wir das Milchfläschchen mit Tee aus, bis irgendwann auch ein Schluck kaltes Wasser reichte, um den nächtlichen Durst zu stillen.

An Schlafen im eigenen Bett war übrigens da noch lange nicht zu denken. Mit etwa zwei Jahren probierten wir mal, das Hübchen auszuquartieren, weil Freunde erzählten, dass ihre Kinder seitdem endlich durchschlafen würden. Das Hübchen protestierte aber meist schon beim Einschlafen und landete spätestens zu unserer eigenen Bettgehzeit doch wieder bei uns. Für uns war das OK, erstens war das Hübchen damals noch klein und kuschelig, zweitens war es so viel bequemer, ein häufig aufwachendes Kind zu beruhigen.

Phase 4: Kita-Kind und Mittagsschlaf-Debakel

Mit knapp drei Jahren kam das Hübchen in die Kita, zu den richtig großen Kindern! Ein Mittagsschlaf war dort nicht mehr vorgesehen. Was passierte, war klar: In den ersten Monaten schlief das Hübchen mir nach dem Abholen schon im Auto oder Fahrradkindersitz ein. Das ging noch halbwegs gut, da das Hübchen bis abends trotzdem wieder halbwegs müde war. Kurze Zeit später veränderte sich sein Rhythmus jedoch und wir erlebten das typische Ärgernis eines gerne noch gegen 17 Uhr einschlafenden Kindes.

Wir versuchten regelmäßig, den Teufelskreis zu durchbrechen, hielten spät nachmittags ein völlig übermüdetes Kind wach und kapitulierten genauso oft, was nur zur Folge hatte, dass das Hübchen bis in die Nacht herumsprang und wir es am nächsten Morgen nicht aus den Federn bekamen. Diese Phase machte echt überhaupt keinen Spaß!

Wenn parallel wenigstens die Nächte besser geworden wären! Die wurden jedoch immer schlimmer: Das Hübchen, damals etwa dreieinhalb Jahre alt, bekam mittlerweile nämlich nicht nur tagsüber Wutanfälle, sondern bevorzugt auch nachts. Dann kommandierte er uns herum: Wer wo zu liegen hätte, wem welches Kissen gehörte und überhaupt war es ihm mal wieder viel zu eng im elterlichen Bett. Nachdem wir es eine Weile mit viel Verständnis versucht hatten, buchsierten wir ihn am Ende immer öfter unter Gebrüll zurück in sein eigenes Bett, wo er mittlerweile abends immerhin einschlief.

Irgendwann war zum Glück auch die Phase der nächtlichen Ausraster vorbei. Und im Rückblick habe ich den starken Verdacht, dass sie vermutlich mit dem Einschießen der Backenzähne zusammenhing. Das arme Hübchen!

Phase 5: Die ewige Einschlafbegleitung

Mittagsschlaf-Debakel überstanden, nächtliche Wutanfälle überstanden. War es das? Leider nein, denn nach einer Phase, in der das Hübchen abends gelegentlich sogar allein in seinem Bett einschlief, folgte mit etwa vier Jahren eine Phase der akuten Einschlafbegleitungs-Bedürftigkeit. Das Hübchen wollte abends nicht alleine bleiben, so weit so gut. Das Problem war nur, dass ihm unsere liebevolle Einschlafbegleitung gleichzeitig nie gut genug war: Mal sollte Mama kommen, dann wieder Papa. Dann sollte es dieses Buch sein, dann jenes. Kommando-Ton Deluxe.

Wir zogen die Reißleine und versuchten es mit klaren Grenzen: Auch überanstrengte Eltern haben abends ein Recht auf eigene Bedürfnisse! Mit Geduld und Spucke wurde es dann langsam wieder besser. Und mittlerweile, mit viereinhalb Jahren, klappt das Einschlafen im eigenen Bett wieder prima. Nach Buch vorlesen, Rücken kratzen und Gutenachtkuss dürfen wir das Hübchen alleine lassen. Danach macht es noch zwei bis dreimal tapp-tapp-tapp und der Sohn steht wieder bei uns in Wohnzimmer oder Küche. Aber nachdem wir ihn dann wieder zurückgebracht, noch einen Kuss gegeben, noch mal den Rücken gekratzt haben, schläft er irgendwann friedlich ein.

Phase 6: Das nächtliche Aufwachen

Blieb also noch ein letztes Problem: Das häufige nächtliche Aufwachen. Denn das Hübchen wollte auch mit über vier Jahren immer noch nicht durchschlafen. Wir hofften auf eine Verbesserung durch unseren Umzug, denn seitdem liegen Kinder- und Schlafzimmer direkt aneinander, ohne Flur oder sonstige Hürden. Das Hübchen wachte trotzdem mehrmals nachts auf und meistens endete es damit, dass einer von uns die halbe Nacht im Kinderbett verbrachte. Im Elternbett lag ja mittlerweile das Räupchen und zu viert war es uns dort allen zu eng.

Innerlich hatte ich mich schon drauf eingestellt, einfach immer so weiterzumachen. Vielleicht so lange, bis das Räupchen alt genug sein würde, das Kinderzimmer zum Schlafen mit dem Hübchen zu teilen. Wenn ich nachts zum Hübchen tappste und mich dazulegte, war ich eh so müde, dass ich kaum bemerkte, überhaupt woanders zu liegen – zumindest so lange bis das Räupchen Hunger anmeldete und ich zum Stillen wieder zurückschleichen musste.

Phase 7: Die Luxus-Nacht

Jedenfalls wurde ich von den jüngsten Entwicklungen wirklich mehr als überrascht. Quasi von einem Tag auf den anderen rief nachts keiner mehr nach uns. Das Hübchen hatte einfach beschlossen, durchzuschlafen. Es ist, als hätte sich in seinem Gehirn ein Schalter umgelegt, der irgendwie bewirkt, dass das Kind nachts einfach weiterschläft.

Wir haben es alle noch nicht so richtig verstanden, erst recht das Hübchen selbst nicht. Morgens fragt er nun manchmal, ob er denn schon die halbe Nacht geschafft hätte. Wenn ich ihm dann sage, dass schon die ganze Nacht rum ist und er gleich in die Kita darf, strahlt er mich an und ist das stolzeste Kind der Welt. Insgesamt habe ich auch das Gefühl, dass die Nächte auch für ihn erholsamer sind, er besser schläft und ausgeruhter ist. Ein durchschlafendes Kind ist wirklich was Großartiges!

Und die Moral von der Geschicht‘?

Die gibt es nicht! Denn wenn unsere Schlaf-Choniken irgendwas zeigen, dann sicherlich, dass hier gar nichts stringent verlaufen muss. Dass es immer mal Fortschritte und Rückschritte gibt, dass es kein normal oder unnormal gibt, dass Kinder sich nicht unbedingt so verhalten, wie ihre Eltern sich das wünschen – und dass am Ende trotzdem alle irgendwie damit klar kommen.

Denn auch wenn es sich stellenweise vielleicht so gelesen haben könnte – so richtig katastrophal war es für unser Gefühl eigentlich nie (na gut, mit Ausnahme dieser nächtlichen Wutattacken, die waren schon heftig). Wir haben immer das Beste draus gemacht, und vielleicht auch selbst ein bisschen davon profitiert. Denn gerade in Phasen, in denen ich zum Beispiel beruflich stark eingespannt war und mein Kind tagsüber gar nicht so viel gesehen habe, war es schön, die Nähe nachts wieder ein bisschen aufholen zu können.

Ein riesiges Familienbett, in dem die Kinder bis zur Pubertät schlafen, wäre jetzt nicht so mein Fall. Aber ein Kleinkind muss für mein Gefühl noch nicht dringend im eigenen Bett schlafen. Und ein Schlechtschläfer-Kleinkind wird das ohnehin niemals freiwillig tun.

So, und jetzt hoffe ich trotzdem, dass das Räupchen vielleicht etwas schneller das Durchschlafen lernt. Denn eine ganze Nacht ohne Unterbrechungen ist schon was besonders Wertvolles. Da sind wir uns alle einig, oder?

3 Kommentare zu „Die Schlaf-Chroniken

  1. Lara

    Liebe Sophie,
    ich gratuliere Dir von ganzem Herzen zum durchschlafendem Hübchen! Die ersten Phasen kommen mir soooo bekannt vor. Jetzt mit 3 1/4 Jahren hat das Mausekind von einem Tag auf dem anderen beschlossen, in seinem Bett einzuschlafen. Und ganz plötzlich darf auch der Papa die Einschlafbegleitung übernehmen, was vorher völlig ausgeschlossen war, wenn ich in Reichweite war. Im Moment kommt er gegen 22 Uhr ins Familienbett, was für uns völlig in Ordnung ist.
    Ich glaube es gibt vielmehr Schlechtschläferkinder als man glaubt. Teilweise wird halt nur nicht darüber geredet, um klugen Ratschlägen aus dem Weg zu gehen und sich nicht anhören zu müssen, man hätte ein unnormales Kind. Ich frag mich dann immer, wer eigentlich festlegt, was normal und unnormal bei Kindern ist. Ich glaube ganz fest daran, dass die Kinder die entsprechenden Entwicklungsschritte ganz von alleine machen, wenn sie soweit sind. Dass Problem daran ist halt nur, dass wir Eltern Durchhalten müssen, bis es soweit ist. Und Schlafentzug kann echt hart sein….
    Ich wünsche mir, dass sich Mütter gegenseitug noch viel mehr beim Durchhalten unterstützen. Dein Artikel trägt auf jeden Fall dazu bei – also danke dafür und gute Besserung für Räupchen!
    Liebe Grüße
    Lara

  2. Valerie

    Der Anfang kommt mir leider sehr bekannt vor. Mein Sohn ist jetzt 15 Monate alt und ein absoluter Schlechtschläfer. Ich hatte auch diese Illusion von Babys die einfach schlafen wenn sie müde sind…?
    Er schläft auch bei uns im Bett, aber leider bleibt er wenn er aufwacht nicht einfach liegen bis ich komme und somit ist er letztens aus dem Bett gefallen. Ich hab jetzt immer Angst dass es wieder passiert.Hattet ihr dieses Problem auch? Wenn ja, was kann ich tun?
    Liebe Grüße

    • Wir haben dem Hübchen schon mit 11 Monaten beigebracht, rückwärts von Sofas, Betten etc. runterzukrabbeln. Das hat dann auch nach dem Schlafen gut geklappt. Er ist dann, wenn er ausgeschlafen hatte, alleine aus dem Bett gekrabbelt. Ich weiß nicht, ob das immer klappt, aber wenn Kinder das Prinzip „runterklettern nur rückwärts“ gut verinnerlicht haben, sollte das ja eigentlich funktionieren. Ansonsten hilft wohl nur: Babyphone an und schnell sein oder die Matratze übergangsweise auf den Boden legen. 😉

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